Das LG Köln entschied zum Nachweis einer unfallbedingten Erblindung. Eine Vorinvalidität in Höhe von 3% ist dann zu berücksichtigen, wenn der Versicherungsnehmer eine Brille trägt.
Die Versicherungsnehmerin befand sich nach einem Treppensturz in stationärer Behandlung. Es soll nach Angaben des Ehemanns zu einem Bruch des Augenhöhlenbodens. Infolge von Bluteintritt erblindete die Versicherungsnehmerin auf dem linken Auge vollständig. Es bestand Streit über die Höhe der Invaliditätsleistung aus der Unfallversicherung. Die beklagte Versicherung macht eine Vorinvalidität in Höhe von 16% geltend aufgrund vorheriger Schwächungen der Sehschärfe und hierzu einen Brillenabschlag in Höhe von 3 %. Nach Berechnung der Beklagten kommt es zu einer unfallbedingten Invalidität von 31 %. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, dass die Brillenklausel unwirksam ist. Zudem ist die Sehschwächung nicht als Vorinvalidität zu berücksichtigen, so dass eine 50% Invalidität vorliegt und ein Anspruch auf Rentenzahlung besteht.
Es muss ein Beweis erbrachte werden, der ohne Zweifel belegt, dass eine unfallbedingte Erblindung eintrat. Der Unfall – als von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis – muss für die körperliche Beeinträchtigung ursächlich geworden sein. Vorerkrankungen sind als anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Ein Unfallgutachten ergab, dass das Unfallereignis für eine Verletzung des Sehnervs des linken Auges ursächlich geworden sein kann. Der Sachverständige belegte, dass die Versicherungsnehmerin vollständig erblindete. Eine verbleibende Lichtscheinwahrnehmung konnte nicht belegt werden, der Befundbericht gibt keinen Rückschluss darauf, ob das Auge tatsächlich noch Leistung erbringen kann. Jedoch stellte das OLG Köln fest, dass eine verbleibende Lichtscheinwahrnehmung ohnehin nicht zu berücksichtigen ist.
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Es wurde anschließend geklärt, ob das der Klausel gerechte Tragen einer Brille zu einer pauschalen Invaliditätsbemessung genügt. Es wurde geprüft, ob die Klausel iSd. § 305c Abs. 2 BGB unklar formuliert ist. Die Klausel bezweckt eine Gleichstellung des Brillentragens mit einer Vorinvalidität. Es wurde geprüft, ob die Vorinvalidität so verstanden werden kann, dass die vorherige körperliche Beeinträchtigung ebenfalls auf einen Unfall zurückzuführen sein muss. Hiergegen positionierte sich das OLG Köln und nahm an, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer den Begriff der „Vorinvalidität“ so verstehen muss, dass jede vor dem Unfall vorliegende Beeinträchtigung ungeachtet ihres Ursprungs als anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist. Ob diese Umstände vor dem Vertragsschluss oder vor dem Unfall vorliegen müssen, ist für das Begriffsverständnis unerheblich. Somit ist die Klausel wirksam einbezogen und auch Beeinträchtigungen vor Vertragsschluss im Rahmen einer Vorinvaliditätsbemessung zu berücksichtigen.
Deshalb ist das Tragen einer Brille als Vorinvalidität des Auges mit 3 % zu berücksichtigen.
Im Grundsatz wäre bei der Invaliditätsberechnung von einer Gebrauchsfähigkeit des Auges auszugehen, die durch das Tragen einer Brille korrigiert wird. Abzüge können dann gemacht werden, wenn das Tragen einer Brille notwendig ist und damit generell Beeinträchtigungen einhergehen. Eine solche qualifizierte Beeinträchtigung kann dann vorliegen, wenn eine sehr geringe Sehkraft vor dem Unfall bestand. Jedoch muss der Versicherer hierzu eindeutige Nachweise erbringen, eine Feststellung im Rahmen einer Sprechstunde oder bei einem Optiker genügen hierfür nicht aus.
Eine abzugsfähige Vorinvalidität stellt das Tragen einer Kunstlinsenimplantation dar. Ob eine Vorinvalidität vorliegt, wird immer daran festgestellt, wenn die körperliche Funktion des Versicherungsnehmers derjenigen einer gesunden Person seines Alters nicht mehr entspricht. Eine Kunstlinsenimplantation im Alter von 60 Jahren ist nicht altersgemäß. Eine gewöhnliche altersbedingte Verschleißerscheinung des Auges liegt nicht vor.
Im Wege der Vorinvaliditätsbemessung kann der Versicherer vorhandene gesundheitliche Beeinträchtigungen des Versicherungsnehmers in Abzug bringen. Hierbei besteht im Einzelfall klärungsbedarf, denn wann eine Vorinvalidität vorliegt hängt maßgeblich davon ab, wie der Versicherungsnehmer im Vergleich zu Personen seines Alters gesundheitlich gestellt ist. Die Berechnung der Invalidität vor und nach einem Unfall ist maßgeblich und für die Klärung dessen sollte ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden.
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Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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