Datenschutzrecht: Schadensersatz aufgrund DSGVO, wenn Krankenkasse die Gesundheitskarte an falsche E-Mail versendet? (OLG Düsseldorf)

Die Anforderungen des Datenschutzes im Umgang mit gesundheitlich relevanten Daten der Kunden sind hoch. Jüngst urteilte das OLG Düsseldorf (Urt. v. 28.10.2021 – Az. 16 U 275/20) zu einem Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO in Höhe von 2.000 EUR aufgrund der DSGVO, weil eine Krankenkasse die Gesundheitskarte ihres Kunden an eine falsche E-Mail-Adresse versendet hatte. Die Schadensersatzproblematik sollte insbesondere Versicherungsvermittlern bekannt sein, die mit Gesundheitsdaten ihrer Kunden umgehen.

Sachverhalt vor dem OLG Düsseldorf

Die Klägerin war als Kunde bei der beklagten Krankenversicherung versichert. Die Klägerin plante auf eine private Krankenversicherung umzusteigen und bat um eine Übersendung ihrer Gesundheitsakte an ihre E-Mail-Adresse. Die Krankenversicherung versandte ihre Daten in unverschlüsselter Weise an eine falsche E-Mail. Die Klägerin begehrte 15.000 EUR Schadensersatz. Das OLG Düsseldorf erkannte das Bestehen eines Ersatzanspruchs an, gestattete einen Regress aber nur in Höhe von 2.000 EUR.

Rechtliche Bewertung:

Ein Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO kann nur dann bestehen, wenn gegen eine Vorschrift der DSGVO verstoßen wird. Das OLG Düsseldorf hatte zu klären, ob der konkrete Versendungsvorgang – als Datenverarbeitung – gegen die Rechtmäßigkeitsanforderung des Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO verstieß. Demnach ist eine Datenverarbeitung nur rechtmäßig, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung zur Datenverarbeitung erteilt hat. Eine Einwilligung ist nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO dann erteilt, wenn die Person eindeutig und unmissverständlich nach außen ihr freiwilliges Einverständnis zu erkennen gibt.

Die Kundin gab der Krankenkasse (als Datenverarbeiter) zu erkennen, dass sie die Übersendung in E-Mail-Form wünscht. Es muss ihr klar gewesen sein, dass wenn sie keine besonderen Schutzbemühungen anfordert, der Datenverpflichtete sich nur an ihr Begehren gebunden fühlen muss. Insoweit liegt eine Einwilligung in die unverschlüsselte Übersendung der Krankenakte vor. Insbesondere stellte das OLG fest, dass ein Verzicht auf die verschlüsselte Versendung gem. Art. 32 DSGVO möglich ist, wenn der Betroffene wie geschehen einwilligt.

Trotz des rechtmäßigen Datenverarbeitungsvorgangs entstand der Klägerin dadurch ein Schaden, dass ihre Daten an den falschen Adressaten gesendet wurden, so wurde sie ihrer Datenkontrolle verlustig und musste einen seelisch belastenden Zustand der Ungewissheit erdulden. Das OLG Düsseldorf stellte somit fest, dass ein Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO auch für die seelische Belastungen infolge von Ungewissheit über den Verbleib sensibler Daten erwachsen kann. Gesundheitsdaten sind nach Art. 4 Nr. 15 DSGVO besonders geschützt und sind in Art. 9 Abs. 1 DSGVO als sensible Datenkategorie anerkannt.

Fazit und Hinweise für Versicherungsvermittler

Im Umgang mit gesundheitsbezogenen Daten gilt besondere Vorsicht. Über die Datenverarbeitungsverstöße hinaus kann dem betroffenen ein seelischer Schaden durch Ungewissheit über den Datenverbleib entstehen. Deshalb sollte im Umgang mit sensiblen Daten ein Fachanwalt für Informationstechnologierecht konsultiert werden.

Weitere datenschutzrechtliche Themen und Rechtsfälle können hier nachgelesen werden: DATENSCHUTZRECHT.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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