Wohngebäudeversicherung: Erstattung eines Gebäudeschadens nach Brand durch explodierten Spielzeughelikopter (OLG Bamberg)

Das OLG Bamberg hatte zur gemeinsamen Einstandspflicht von einem Wohngebäudeversicherer eines Vermieters und einem Haftpflichtversicherer eines Mieters zu entscheiden, nachdem ein Brandschaden durch einen Spielzeughelikopter ausgelöst wurde (OLG Bamberg, Beschluss v. 22.01.2019 – 1 U 34/19).

Der Sachverhalt vor dem OLG Bamberg

Die Klägerin ist eine Versicherung, die ein vermietetes Wohngebäude versichert. Die Beklagte ist eine zweite Versicherung, die eine Haftpflichtversicherung mit dem streitauslösenden Mieter des Hauses unterhält. Im Kellerraum des versicherten Hauses kam es zu einem Brand. Der Mieter des Hauses hatte seinen Spielzeughelikopter zum Aufladen auf einen mit Textil befüllten Wäschetrockner abgelegt. Das Spielzeug hatte er gebraucht für 8,00 € erworben. Trotz möglicher unbekannter Vorschäden des Lithium-Ionen-Akkus hat er den Helikopter auf leicht brennbarem Material unbeaufsichtigt laden lassen. Infolge einer Batterieexplosion kam es zu einem Brand, wodurch die betroffene Umgebung stark verrußt wurde. Die beklagte Haftpflichtversicherung bestreitet, dass sie anteilig für den Schaden einzustehen hat.

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Rechtliche Bewertung: Welcher Versicherer wäre einstandspflichtig?

Berührt ein Schadensfall die versicherten Risikobereiche von zwei unterschiedlichen Versicherern gleichsam, so sind die betroffenen Versicherer gem. § 78 Abs. 1, 2 VVG gemeinsam zur Schadensregulierung verpflichtet. Die streitenden Versicherer sind einem Teilungsabkommen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft beigetreten, wonach in § 3 des Abkommens der Haftpflichtversicherer bei Schäden über 2.500€ den gesamten Entschädigungsbeitrag mit 50% zu regulieren hat. Die andere Hälfte müsste der Wohngebäudeversicherer übernehmen. Voraussetzung für diese geteilte Einstandsverpflichtung ist, dass der beklagte Haftpflichtversicherer überhaupt neben dem Wohngebäudeversicherer einstandspflichtig ist.

Rechtliche Bewertung:  Einstandspflicht aufgrund Fahrlässigkeit?

Der Haftpflichtversicherer muss gem. § 100 VVG einstehen, wenn der Versicherte in zu verantwortender Weise einem Dritten einen Schaden zugefügt hat. Der geschädigte Dritte ist die Wohngebäudeeigentümerin. Bei zivilen Schädigungsfällen gilt, dass der Schädiger den Schaden dann zu verantworten hat, wenn er gem. § 276 BGB mindestens fahrlässig gehandelt hat. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr objektiv erforderliche Sorgfalt vernachlässigt.

Das OLG Bamberg untersuchte, ob das unbeaufsichtigte Aufladen des Spielzeughelikopters ein fahrlässiges den Brand verursachendes Verhalten darstellt. Es wurde festgestellt, dass der Aufladevorgang grundsätzlich nicht dauerhaft beaufsichtigt werden muss, dies wäre von dem allgemeinen Bürger nicht zu erwarten und stellt somit nicht den anzuwenden objektiven Sorgfaltsmaßstab dar. Auch ändert daran nichts, dass das Aufladen auf leicht entflammbarem Material erfolgte.

Jedoch wurde der Fahrlässigkeitsvorwurf nicht lediglich an diesem Umstand angeknüpft. In diesem Einzelfall wurde dem Versicherungsnehmer die Unvorsichtigkeit zur Last gelegt, dass er den Helikopter gebraucht und ohne Vorkenntnis von etwaigen Schäden am Akku gekauft hat und darauf vertraut hat, dass dieser vollständig Intakt wäre. Insbesondere bei Lithium-Ionen-Akkus sind die Vorschäden maßgeblich für die Gefährlichkeit des Objekts. Als der Haftpflichtversicherte in Unkenntnis des konkreten Gefahrenpotenzials den Ladevorgang unbeaufsichtigt ließ, missachtete er die gebotene Sorgfalt. Im Ergebnis hat somit der Versicherungsnehmer den Schaden fahrlässig herbeigeführt. Der Haftpflichtversicherer muss entsprechend des Abkommens zur Hälfte für den Schaden einstehen.

Fazit

Gerade bei vermieteten Wohngebäuden können Eigen- und Fremdgefahren aufeinandertreffen. Grundsätzlich sind die Mieter nach BGH-Rechtsprechung davor geschützt vom Wohngebäudeversicherer des Vermieters für fahrlässige Schäden persönlich in Anspruch genommen zu werden. Im Einzelfall kann jedoch eine Ausgleichspflicht unter den betroffenen Versicherern entstehen. Sollten Sie von einem anderen Versicherer persönlich zum Schadensersatz aufgefordert werden, sollte ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden.

Weiterführende interessante versicherungsrechtliche Artikel und Urteilszusammenfassungen können nachfolgend in einem Leitartikel nachgelesen werden: Gebäudeversicherungen.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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