Das OLG Naumburg entschied zur Frage, ob das Betreiben einer KFZ-Hobbywerkstatt unter den Ausschluss einer „ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung“ in der Haftpflichtversicherung fällt. Wäre dieser Ausschlussgrund erfüllt, würde der Versicherungsschutz entfallen (OLG Naumburg, Urt. v. 02.05.2019 – 4 U 95/18).
Die Klägerin ist eine Gebäude– und Hausratversicherin, die die Beklagte in Anspruch nehmen will, weil diese das Haus eines Versicherten geschädigt hat. Die Versicherung will die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. In der Scheune des Versicherten unterhielt dieser eine Hobbywerkstatt. Innerhalb der Scheune entleere die Beklagte einen Gastank, der anschließend in ein KFZ eingebaut werden sollte. Hierbei kam es in der mit Propangas beheizten Scheune zu einer Explosion. Die versicherte Scheune wurde beschädigt und der Versicherte verstarb. Die Erbin des Versicherten hat die Ansprüche gegen die Beklagte an die klagende Versicherung abgetreten.
Die beklagte Verursacherin unterhält eine Haftpflichtversicherung. Aus diesem Vertrag wäre die Haftpflichtversicherung grundsätzlich zur Deckung des Fremdschadens verpflichtet. In den besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR) des Vertrags besteht allerdings ein Ausschluss für: „Schäden aus […] ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung“
Somit musste ausgelegt werden, ob das eigene Betätigen in einer KFZ-Hobbywerkstatt als ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung zu verstehen ist. Die Versicherungsbedingungen sind stets so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnis verstehen muss. Den Begriff der Beschäftigung verstehe ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer demnach so, dass hiermit nicht eine einzige Handlung, sondern eine in gewissen Zeitabständen öfters erfolgende sich wiederholende Tätigkeit. Ob eine solche auf Dauer angelegte Tätigkeit hier vorlag, war für die Streitentscheidung nicht erheblich, denn das konkrete Handeln müsste schließlich ungewöhnlich und gefährlich gewesen sein.
Das OLG legte den Gefährlichkeitsbegriff so aus, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer durchaus das gesteigerte Gefahrenpotenzial von Schweißarbeiten in einem mit Propangas beheizten Scheune erkennen und verstehen könne. Jedoch sei das Betreiben und hobbymäßige Werkeln an KFZ-Fahrzeugen keine ungewöhnliche Beschäftigung. Obwohl das Entleeren eines Autogastanks durchaus für einen Hobbyhandwerker ungewöhnlich und gefährlich erscheinen vermag, kommt es bei der Auslegung des schadensstiftenden Verhaltens nicht auf den einzelnen Umstand, sondern auf das Gesamtgeschehen an. Demnach kann keine ungewöhnliche Beschäftigung vorliegen, denn das hobbymäßige Werken am KFZ ist nicht ungewöhnlich. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten muss aus dem Versicherungsvertrag für den Schaden aufkommen.
Versicherungsbedingungen enthalten regelmäßig Beschränkungen des Deckungsumfangs durch Ausschlüsse. Ein häufig vorzufindender Ausschluss ist dieser für ungewöhnliche und gefährlichen Beschäftigungen. Dabei vermag gefährliches Verhalten oftmals dennoch als gewöhnlich einzustufen sein. Sollte ihre Versicherung die Schadensregulierung verweigern, sollte ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden.
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Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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