Wohngebäudeversicherung: Neuwertspitze – Sicherstellung der Wiederherstellung (OLG Köln)

Um den Neuwertanteil bei einer Wohngebäudeversicherung zu erhalten, muss der Versicherungsnehmer zumeist die Wiederherstellung „gesichert“ haben. Die Auszahlung der Neuwertspitze steht somit unter einer zu erfüllenden Bedingung. Wann die Wiederherstellung gerade nicht als gesichert gilt, veranschaulicht diese Entscheidung des OLG Köln (OLG Köln, Urt. v. 29.06.2010 – Az.: 9 U 136/08).

Der Sachverhalt vor dem OLG Köln

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung. Infolge eines Brandes kam es zu einem Totalschaden. Die Versicherung beauftragte einen Sachverständigen, der einen Zeitwert in Höhe von 265.678,- EUR festgestellt hatte. Dieser Betrag wurde an den Versicherungsnehmer ausgezahlt. Darüber hinaus möchte der Kläger im Wege der Klage den Neuwertanteil ausgezahlt bekommen.

Nach der sog. strengen Wiederherstellungsklausel des Versicherungsvertrags gem. § 15 Nr. 4 H.A VGB 2000, erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf den Neuwert

nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen.“

Der Kläger hatte einen Vertrag mit einem Bauunternehmer geschlossen, um das Gebäude wieder aufzubauen. Der Unternehmer wurde insolvent. Der Versicherungsnehmer hatte keine wirksame Baugenehmigung.

Rechtliche Bewertung: Sicherstellung der Wiederherstellung

Das OLG Köln wies die Klage ab, denn der Kläger hatte die vertragliche Wiederherstellungsklausel nicht erfüllt. Der Neuwert eines Wohngebäudes würde dann ersetzt werden, wenn der Versicherungsnehmer die Wiederherstellung im Sinne der strengen Wiederherstellungsklausel erfüllt hat. Ob die Wiederherstellung gesichert ist, richtet sich nach einer Prognose, die die sichere Annahme zulässt, dass das Geld in bestimmungsgemäßer Weise zur Wiederherstellung verwendet wird. Deshalb muss der Versicherungsnehmer Vorkehrungen treffen, die keinen vernünftigen Zweifel an der zweckgemäßen Verwendung zulassen.

Der Abschluss eines Bauvertrages mit einem solventen Bauunternehmer genügt aus, um die Annahme nahezulegen, dass die Wiederherstellung bewirkt wird. Im vorliegenden Fall geriet der Bauunternehmer jedoch in eine Insolvenz, so dass dies gegen eine gesicherte Wiederherstellung sprach.

Ungeachtet dessen war die Annahme einer gesicherten Wiederherstellung ohnehin deshalb fernliegend, weil der Versicherungsnehmer keine wirksame Baugenehmigung für den Wiederaufbau erwirkt hat. Der Versicherungsnehmer hat lediglich einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung gestellt. Dies reicht anerkannter Weise nicht aus. Denn die Mindestvoraussetzung ist das Vorliegen einer Baugenehmigung.

Fazit

Die strengen Wiederherstellungsklauseln sind eine Hürde, die der Versicherungsnehmer überwinden muss, um den Neuwertanteil von der Gebäudeversicherung ausgezahlt zu bekommen. Für die Beratung und Bewertung, wann und ob eine Wiederherstellung gesichert wurde, sollte stets ein Fachanwalt für Versicherungsrecht betraut werden.

Weitere Informationen und Rechtsprechungen sind im Bereich „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Gebäudeversicherung“ zusammengefasst. Insbesondere haben wir um Zusammenhang mit dem Neuwertanteil und der Wiederherstellung einen wegweisenden Artikel für Sie vorbereitet: „Neuwertspitze“.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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