Die Neuwertspitze in der Gebäudeversicherung – Rechtsanwalt für Versicherungsrecht hilft bundesweit!

Liegt dem Versicherungsschutz eine Neuwertversicherung zugrunde, wird abweichend vom gesetzlichen Regelfall (siehe: § 88 VVG) nicht der Zeitwert der versicherten Sache, sondern zusätzlich der bei Vertragsschluss angegebene Neuwert versichert. Über den bereits mit dem Schadenseintritt entstehenden Anspruch auf die Zeitwertleistung hinaus, enthalten die Klauseln der Gebäudeversicherungen einen zweiten Anspruch, der die Neuwertspanne (Differenz zwischen Zeitwert und Neuwert) abdeckt. Bisweilen besteht oft Streit über die rechtliche Handhabung der sogenannten „Neuwertspitze“ (strenge Wiederherstellungsklausel). Die Versicherungsbedingungen sehen vor, dass der Anspruch auf die Neuwertspitze erst entsteht, wenn die Wiederherstellung durchgeführt oder sichergestellt ist.

Wiederherstellung des Gebäudes

Ist die Auszahlung an die Wiederherstellung der Sache gebunden, so entsteht der Anspruch, wenn die Sache repariert oder neu beschaffen wurde. Die Neuwertentschädigung für Gebäude steht dem Versicherungsnehmer nur zu, wenn ein gleichartiges und nicht gänzlich anderen Zwecken dienendes Bauwerk errichtet wird (BGH: Auslegung der strengen Wiederherstellungsklausel in der Neuwertversicherung). So kann eine mit dem Wiederaufbau einhergehende Vergrößerung des neuen Bauvorhabens den Versicherungsschutz entfallen lassen, auch wenn nur das Fundament vollständig errichtet wurde (OLG Schleswig: Kein Anspruch auf einen den Zeitwertschaden übersteigenden Neuwertanteil).

Verbesserungen, die den Versicherungsnehmer nach Wiederherstellung günstiger als vor der Rekonstruktion stellen, sollen nicht durch die Neuwertspitze gedeckt sein. So liegt auch keine Art- und Zweckgemäße Wiederherstellung vor, wenn der Neuaufbau eines Einfamilienhauses mit dem Ausbau der Fläche von vorher 200m² auf 308,78m² einhergeht und darin drei selbstständig nutzbare Wohneinheiten errichtet werden. Maßgeblich ist die so möglich werdende Vermietung der neuen Fläche (vgl. Strenge Wiederherstellungsklausel – Unzulässiger Wiederaufbau eines Wohngebäudes (OLG Köln)). Wichtig ist also, dass das Bauvorhaben nicht vom zerstörten oder beschädigten Gebäude wesentlich abweicht.

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Sicherstellung der Wiederherstellung

Oft kann die tatsächliche Reparatur oder Neubeschaffung schwerlich innerhalb der dafür in den Versicherungsbedingungen vorgesehenen Frist bewerkstelligt sein. Dies rührt auf lange behördliche Bearbeitungszeiten von Bauvorhaben, der Genehmigung von Finanzierungen und anderweitigen Schadensuntersuchungen her.

Baugenehmigung

Großes Streitpotenzial bietet also die Bedingung der Versicherungsleistung an die erfolgte Sicherstellung der Wiederherstellung. Es besteht oft Unklarheit, wann und zu welchen Bedingungen von einer erfolgten Sicherstellung auszugehen ist. Eine notwendige zwingende Bedingung ist das Vorliegen einer Baugenehmigung innerhalb der Frist, die bloße Beantragung reicht nicht aus (OLG Hamm: Sicherstelluung der Wiederherstellung des Wohngebäudes). Über die erteilte Baugenehmigung hinaus muss zudem ein Kauf- oder Werkvertrag vorgelegt werden, aus dem hervorgeht, dass mit rechtlicher Bindungswirkung die Errichtung des Gebäudes geschuldet wird.

Abschluss eines Werkvertrages

Die ausschließliche Verwendung der Versicherungsleistung zur Wiederherstellung muss gesichert sein (OLG Köln: Sicherstellung der Wiederherstellung). Mit  der Einreichung eines zur Gebäudewiederherstellung geschlossenen Werkvertrages entsteht der Anspruch noch nicht; insbesondere wenn Zweifel an der tatsächlichen Umsetzung bestehen. Solche Zweifel an der rechtlichen Bindungswirkung bestehen unweigerlich, wenn der Umfang der Bauleistung (Baubeginn, Vergütung, Tätigkeit) nicht ausreichend bestimmt ist. Das OLG Zweibrücken fordert, dass dem Auftraggeber bei Abstandnahme vom Vertrag eine erhebliche Ersatzforderung gegenüber dem Beauftragten erwachsen muss (vgl. OLG Zweibrücken: Keine gesicherte Wiederherstellung bei vorliegendem Werkvertrag).

Zweifel an der Durchführung des Bauvorhabens kommen insbesondere dann auf, wenn die Vertragsparteien des Bauvorhabens personell und wirtschaftlich verflechtet sind (OLG Köln: Strenge Wiederherstellungsklausel – Unzulässiger Wiederaufbau eines Wohngebäudes).  Das OLG Köln stellt fest, dass die Aufhebung eines Vertrages rechtlich folgenlos bleiben würde, wenn der Versicherungsnehmer gleichzeitig Geschäftsführer und Gesellschafter des beauftragten Bauunternehmens ist. Die tatsächliche Verwendung der Gelder zu Wiedererrichtung bleibt hier mangels rechtlicher Bindungswirkung zweifelhaft. Ähnliches stelle schon das OLG Hamm (Urteil v 12.02.2016 – Az.: I-20 U 126/15) fest, als ein vom In-Sich-Geschäfts-Verbot (siehe: § 181 BGB) befreiter Geschäftsführer einer Baugesellschaft, gleichzeitig geschädigter Auftraggeber und Versicherungsnehmer war. Der entsprechende Werkvertrag ist nicht ausreichend rechtlich verbindlich, da von diesem jederzeit folgenlos Abstand genommen werden könnte. Auch kann ein Kaufvertrag mit einer Bebauungsverpflichtung des Erwerbers keine ausreichende rechtliche Bindung entfalten, wenn dieser keine Vertragsstrafen bei Nicht-Erfüllung vorsieht.

Es bestehen Unklarheiten, wann im Einzelfall die konkrete Anforderung an eine Sicherstellung gegeben ist. Die rechtliche Würdigung des Begriffes obliegt den damit angerufenen Gerichten. Klar ist, dass eine rechtliche Verpflichtung der Bauträger gefordert wird, die sanktionsträchtig im Falle der Nichteinhaltung wird.

Fazit

Die Bestimmung, ob der Versicherer für die Neuwertspitze einzustehen hat, orientiert sich an dem Sicherstellungs-Begriff. Dieser ist im Einzelfall auslegungsbedürftig und wann genau eine Sicherstellung eingetreten ist, ist oft unklar. Es ist wichtig die gängigen Einschätzungen der Gerichte zu diesem Thema abzurufen und anhand dieser eine Auswertung vorzunehmen.

Besteht Bedarf nach rechtlicher Klärung der Sachlage in diesem Bereich, sollte stets ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden. Die Neuwertspitze ist ein eigenständiger Anspruch, der nur unter Einhaltung strenger Vorgaben dem Versicherungsnehmer erwächst. Weitere praxisrelevante Hinweise und wichtige Urteilsbesprechungen können hier nachgelesen werden: Gebäudeversicherungen.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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