Worauf sollen sogenannte „Online-Vermittler“ unbedingt achten? Was ist wichtig für den Digitalvertrieb? Mit diesen Fragestellungen haben sich bereits einige Gerichte befassen müssen. Denn der Digitalvertrieb durch Versicherungsvermittler – also Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler – hat nicht nur den vertrieblichen Wirkungskreis für Vermittler erweitert, sondern auch die „Werbung“ der Vermittlerschaft neu erfunden. So ergeben sich aufgrund der Internetpräsenz der Versicherungsvermittler neue rechtliche Fragenstellungen und auch natürlich auch „Rechtsprobleme“. Gerade im „Massengeschäft“ bei sogenannten Vergleichsportalen, welcher als Versicherungsmakler agieren, stellen einige Probleme in Bezug auf die Pflichten des Versicherungsmaklers. Mit diesen Rechtsproblemen soll sich dieser Artikel, bzw. diese Urteilssammlung befassen. Der Beitrag soll Versicherungsvermittlern eine Orientierungshilfe geben, kann jedoch eine Einzelfallberatung durch versierte Fachanwälte nicht ersetzen.
Nachfolgend ist eine Übersicht mit aktuell wichtigsten Urteilen für sogenannte „Online-Vermittler“ zu finden. Die Liste ist nicht abschließend zu verstehen und wird stetig um weitere wichtige gerichtliche Entscheidungen ergänzt. Für Online-Vermittler gibt es einige spezifische Sonderpflichten, die zu beachten sind. Ebenso gelten im Digitalvertrieb Sondergesetze, die zwingend zu berücksichtigen sind.
Aus diesem Grunde sollten Online-Vermittler besonders Ihren Internetauftritt und Digitalvertrieb rechtlich von versierten Fachanwälten prüfen lassen. Insbesondere die Rechtsbereiche Versicherungsrecht, Wettbewerbsrecht und IT-Recht stellen diesbezüglich eine sinnvolle Verknüpfung dar. Gerade Versicherungsvermittler mit Online-Rechnern, wie zum Beispiel Vergleichsrechner, aber auch digitale Versicherungsmaklerpools und Assekuradeure sollten die besonderen Herausforderungen des digitalen Vertriebs unbedingt beachten.
Vorwurf: Die Beklagten werben auf ihrer Internetseite u. a. mit der Aussage „Europas größter unabhängiger Finanzdienstleister“. Diese Werbeaussage sei wettbewerbswidrig.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Beklagten zur Unterlassung. Es hat entschieden, dass die Werbeaussagen unlauter im Sinne des UWG sind, weil die angesprochenen Verkehrskreise hierdurch in wettbewerblich relevanter Weise irregeführt werden.
Vorwurf: Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass die Werbeaussagen der Beklagten (ein konkurrierendes Finanzunternehmen) irreführend und damit wettbewerbswidrig seien und begehrte ein Unterlassen. Verwendet wurden Aussagen wie:
Dies Aussagen würden eine Fehlvorstellung der Verbraucher dahingehend hervorgerufen, dass die Beklagten von keinem der Anbieter, dessen Finanzprodukte sie vermitteln, wirtschaftlich abhängig sind als auch dahingehend, dass sie demzufolge eine unabhängige Beratungsdienstleistung erbringen. Dies sei irreführend, da ein Schweizer Versicherungsunternehmen 97 % der Aktien der Beklagten hält.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Beklagten zur Unterlassung. Die Aussagen seinen irreführend und würden darauf schließen lassen, dass das Finanzunternehmen nicht wirtschaftlich abhängig, von den angebotenen Finanzprodukten ist.
Vorwurf: Die Beklagte bietet auf ihrer noch vollständig aufgebauten und abgeschlossenen Internetseite Telemedien an. Es sei das Logo der Klägerin vorhanden, sowie ein Produkt als Printmedium abrufbar. Dieser Internetauftritt enthalte kein Impressum.
Entscheidung: Das Gericht hat entschieden, das Pflichtangaben nach dem Telemediengesetz auch im Falle der noch nicht bestehenden Internetpräsenz erforderlich sind, wenn mit dem Internetauftritt erkennbar geschäftliche Interessen vertreten werden sollen.
Vorwurf: Auf der eigenen Webseite der Klägerin befand sich die Erklärung „Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt!“ Von dem Beklagten verlangte sie im Streitfall eine Vertragsstrafe im Rahmen einer Abmahnung. Dieses Verhalten sei unter Berücksichtigung der vorgenannten Erklärung der Klägerin widersprüchlich.
Entscheidung: Das Gericht hat entschieden, dass der Gläubiger (hier: die Klägerin) eines wettbewerblichen Anspruchs, der auf seiner Website erklärt, bei Abmahnungen durch Dritte sei die Einschaltung von Rechtsanwälten überflüssig, deren Kosten würden von ihm daher nicht erstattet, seinerseits daran gehindert ist, bei der Abmahnung eines Dritten durch ihn die Kosten eines Rechtsanwalts geltend zu machen.“
Vorwurf: Der Versicherungsmakler habe bei der Einbindung von Facebook „Gefällt mir“-Buttons auf seiner Webseite keine Datenschutzhinweise vorgenommen.
Entscheidung: Das Gericht hat entschieden, dass der VM ohne Aufklärung und Zustimmung der Seitenbesucher hinsichtlich der Weitergabe von Daten an Facebook gegen Datenschutzvorschriften verstoßen hat.
Vorwurf: Der Versicherungsmakler bietet über das Internet seinen Kunden die Möglichkeit, ihre bestehenden Versicherungsverträge zu betreuen. Im Gegenzug sollten die Kunden 50% der Vergütungen (insbesondere Bestandsprovisionen) ausgezahlt bekommen, die das Unternehmen zukünftig erhielt. Das Verhalten verstoße gegen das Provisionsabgabeverbot aus § 48b VAG.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte den VM zur Unterlassung. Die Gewährung von Sondervergütungen sei verboten.
Vorwurf: Der Versicherungsmakler bietet im Rahmen von Versicherungsvergleichen nur eine bestimmte Auswahl an Versicherern an. Dadurch, dass er keine Direktversicherungen oder Unternehmen, welche dem VM keine marktüblichen Vergütungen zahlen, mitberücksichtigt, handele er wettbewerbswidrig.
Entscheidung: Entschieden hat das Gericht, dass der VM verpflichtet ist, seinem Rat eine hinreichende Zahl von auf den Markt angebotenen Versicherern und Versicherungsverträgen zugrunde zu legen. Ein Hinweis bezüglich eingeschränkter Auswahl von VR und VV versteckt in den AGB genügt den Anforderungen eines „ausdrücklichen“ Hinweises nicht.
Vorwurf: Die Antragsgegnerin betreibt ein Internetportal, auf dem Kunden u. a. auch Versicherungen vergleichen können. Die Angabe „objektive Preisvergleiche“ sei unlautere Werbung.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Antragsgegnerin zur Unterlassung der Angabe, da diese irreführend i. S. d. § 5 Abs. 1 UWG ist. Werden in einem so beworbenen Preisvergleich nur die Angebote solcher Anbieter eingestellt, von denen der Betreiber des Vergleichsportals aufgrund vertraglicher Abreden im Falle der erfolgreichen Vermittlung eines Geschäfts (konkret als Versicherungsmaklerin) Provisionen erhält, dann ist die Werbung, die darauf nicht hinweist, irreführend.
Vorwurf: Die Pflichtangaben im Impressum der Webseite des Versicherungsmaklers sind falsch.
Entscheidung: Entschieden hat das Gericht, dass die Angabe „Zuständige Aufsichtsbehörde: IHK 000“ nicht nur unvollständig, sondern auch irreführend ist. Die Angabe „000“ ist mehrdeutig. Sie kann auch darauf hindeuten, dass es gar keine zuständige Aufsichtsbehörde gibt, weil kein erlaubnispflichtiges Gewerbe vorliegt.
Vorwurf: Der Versicherungsmakler (CHECK24) informiert und berät seine Kunden vor dem Online-Abschluss einer Versicherung nicht ausreichend.
Entscheidung: Das Gerichte verurteilte den VM Webseitenbesucher beim ersten Geschäftskontakt unübersehbar darauf hinzuweisen, dass das Portal nicht nur Preise vergleiche, sondern als sog. „Online-Versicherungsmakler“ auch Provisionen erhalte. Vermittler müssen mittels „Zwangsdownload“ den Verbraucher zwingen, ein entsprechendes PDF, welche die Erstinformation enthält, herunterzuladen.
Beachte die Entscheidung der Vorinstanz LG München I, Urt. v. 13.07.2016 – Az. 37 O 15268/15
Vorwurf: Der Versicherungsmakler betreibt ein Vergleichsportal für Versicherungstarife. Im Rahmen eines Versicherungsmaklervertrags wurde die Weiterleitung einer Abschlussprovision vereinbart. Die stelle ein Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot nach § 48b VAG dar.
Entscheidung: Das Gericht entschied, dass es Versicherern und Versicherungsvermittlern untersagt ist, VN aus einem VV Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen.
Vorwurf: Der Versicherungsmakler (CHECK24) handelt mit der Darstellung der Versicherungstarife und der Werbung mit „Nirgendwo Günstiger Garantie“ wettbewerbswidrig.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte den VN zur Unterlassung von unlauteren Handlungen. CHECK24 darf die HUK-Tarife nicht mehr ohne Preisangabe in seinen Vergleichen aufführen und die Marken und Logos der HUK-Gruppe in Vergleichen nicht mehr verwenden.
Beachte die Entscheidung der Vorinstanz LG Köln, Urt. v. 18.09.2018 – Az. 31 O 376/17
Vorwurf: Der werbliche Auftritt der Versicherungsmaklerin mit „unabhängig und neutral“ sei irreführend.
Entscheidung: Das Gericht entschied, dass die mit „neutral und unabhängig“ irreführend ist, da diese werblichen Aussagen dazu geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise über die Beteiligungsverhältnisse zu täuschen.
Vorwurf: Der Versicherungsmakler (CHECK24) handelt unlauter, indem er mit „Jubiläums-Deals“ und „Gratis-Monate“ wirbt und verstößt dadurch gegen das Provisionsabgabeverbot gem. § 48b VAG und § 34d GewO.
Entscheidung: Das Gericht verpflichtete den VM zur Unterlassung von unlauteren Wettbewerbshandlungen.
Vorwurf: Die Beklagten betrieben unter ihrer Webseite ein Vergleichsportal, über das u. a. Versicherungsangebote miteinander verglichen werden können. Dabei sei die Aussage „Nirgendwo Günstiger Garantie“ irreführend und somit unzulässige vergleichende Werbung.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Beklagten zu Unterlassung. Die angegriffene Werbung stellt eine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne von §§ 3, 5 UWG dar.
Vorwurf: Die Vermittler generierten sich auf der von ihnen betriebenen Webseite sowie in den sozialen Medien und bei Google als „unabhängiger Versicherungsagent, Finanzberater und Versicherungsberater“. Es handele sich dabei um wettbewerbswidrige Handlungen.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Vermittler zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs damit zu werben, Versicherungsnehmern in Versicherungsangelegenheiten unabhängig zu beraten, solange keine Erlaubnis als Versicherungsmakler oder Versicherungsberater erteilt wurde.
Vorwurf: Der Versicherungsmakler bewertet eigene Versicherungsprodukte in seinem Vergleichsportal und handelt unlauter.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte den VM zur Unterlassung der Bewertung seiner eigenen Versicherungsprodukte.
Vorwurf: Der Versicherungsmakler betreibt ein Vergleichsportal für Versicherungstarife. Im Rahmen eines Versicherungsmaklervertrags vereinbarte er mit dem Kunden, dass etwaige Abschlussprovisionen weitergeleitet werden. Die stelle ein Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot nach § 48b VAG dar.
Entscheidung: Das Gericht entschied, dass es Versicherern und Versicherungsvermittlern untersagt ist, VN aus einem VV Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen.
Vorwurf: Der Versicherungsmakler hat durch den Ausschluss von Direktversicherern von der Marktgrundlage keine ausreichende Marktanalyse vorgenommen.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte den VM im Rahmen seiner Marktanalyse auch Direktversicherer sowie solche Versicherungen in den Blick zu nehmen, die mit dem VM nicht zusammenarbeiten. Eine wirksame Einschränkung der Anbieterauswahl durch einen Verweis auf die AGB genügt nicht und muss „im Einzelfall vor Abgabe der Vertragserklärung“ vorgenommen werden.
Vorwurf: Die Beklagte vermittelt Versicherungen. Auf einer Portalplattform gab sie sich als Versicherungsmaklerin zu erkennen. Über eine Erlaubnis als VM verfügt sie nicht. Sie handelte damit wettbewerbswidrig.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen.
Vorwurf: Dem Versicherungsmakler wird eine Falschberatung im Zusammenhang mit einem Versicherungswechsel vorgeworfen. Der VM behauptet, ein Versicherungsvermittlervertrag sei nicht zustande gekommen.
Entscheidung: Das Gericht entschied, dass ein Versicherungsvermittlervertrag auch durch Eingabe von Kontaktdaten über die Internetpräsenz eines Maklerverbundes und anschließende Kontaktaufnahme seitens des VM zustande kommen kann. Der Unterzeichnung einer Maklervollmacht bedarf es hierfür nicht zwingend.
Vorwurf: Der Versicherungsmakler (CHECK24) hat die Verbraucher nicht ausdrücklich auf eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl hingewiesen und gab VN keine Informationen über die Markt- und Informationsgrundlage. à Verstoß gegen § 60 Abs. 1 S. 2 VVG und § 60 Abs. 2 S. 1 VVG.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte den VM zur Einbeziehung sämtlicher Versicherer in seine Analyse, bei denen das Risiko des VN untergebracht werden kann. Dazu gehören sowohl Direktversicherer als auch solche, die nicht mit Maklern zusammenarbeiten. Für eine Auswahleinschränkung bedarf es eines ausdrücklichen Hinweises. VM müssen VN vor Vertragsschluss ferner über Beratungsgrundlage informieren.
Vorwurf: Der Versicherungsmakler wirbt auf seiner Internetseite für den Abschluss einer Versicherung mit einer Abschlussprämie in Form eines Amazon-Gutscheins und verstößt damit gegen das Provisionsabgabeverbot aus § 48b VAG.
Entscheidung: Das Gericht verurteilte den VM zur Unterlassung der wettbewerbswidrigen Handlung. Nach § 48b VAG ist es auch dem VM untersagt, VN aus einem VV etwaige Sondervergütungen zu versprechen.
Vorwurf: Die Auswahl an Versicherungsprodukten des Versicherungsmaklers (Verivox; hier Internetvergleichsportal) enthält keine Direktversicherungen. Auf die eingeschränkte Auswahl an Versicherer wird nicht hingewiesen. Dadurch wurde dem Kunden eine ausgewogene Marktanalyse verwehrt, was eine unzulässige Markthandlung darstelle.
Entscheidung: Der VM wurde vom Gericht verurteilt, auf die eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl ausdrücklich hinzuweisen.
Beachte die Entscheidung der Vorinstanz: LG Heidelberg, Urt. v. 06.03.2020 – Az. 6 O 7/19
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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