Falschberatung durch Versicherungsvermittler, Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler Beweislast

Wirkung von Vergleich zwischen Versicherungsnehmer und einem Versicherer für den Versicherungsvermittler (OLG Dresden)

Das OLG Dresden hat sich in seinem Beschluss vom 15.10.2020 (Az.: 4 W 697/20), mit der Auswirkung eines Vergleichs zwischen Versicherungsnehmer und einem Versicherer für den Versicherungsvermittler. Hintergrund war eine behauptete Beratungspflichtverletzung, weil eine Absicherung von Vandalismusschäden in einer Gebäudeversicherung nicht vorgenommen wurde.

Vergleich zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer

Ein Versicherungsvermittler wurde damit beauftragt für einen Versicherungsnehmer eine passende Gebäudeversicherung zu vermitteln. Hierfür legte der Versicherungsvermittler dem Versicherungsnehmer einen Versicherungsschein vor, welcher in den AVB verschiedene Bausteine mit bestimmten Schadensbildern enthielt. Einer dieser Bausteine sah auch die Abdeckung von Vandalismusschäden vor.

Der Versicherungsnehmer beantragte Versicherungsschutz, ohne jedoch den Baustein zur Absicherung von Vandalismusschäden anzuwählen. Der Gebäudeversicherungsvertrag kam entsprechend zustande.

Anschließend kam es zu einem Leistungsfall. Der Versicherungsnehmer begehrte einen Teil der Versicherungssumme für Vandalismusschäden. Jedoch verweigerte der Versicherer zunächst die Auszahlung der Leistungssumme. Er berief sich dabei auf den Ausschluss von Vandalismusschäden.

Zur gütlichen Beilegung der Streitigkeiten schloss der Versicherer mit dem Versicherungsnehmer jedoch einen Abfindungsvergleich für „alle Ansprüche“. Daraufhin machte der Versicherungsnehmer Schadensersatzansprüchen, wegen einer Beratungspflichtverletzung gegen den Versicherungsvermittler geltend. Dieser berief sich sodann darauf, dass durch den zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer getroffenen Vergleich auch etwaige ihm gegenüber bestehende Ansprüche abgegolten seien.

Rechtsanwalt für Versicherungsrecht

Bundesweite Vertretung durch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow vertritt ihre Mandanten bundesweit vor Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.

Zur Kontaktaufnahme

OLG Dresden verneint Vermittlerhaftung

Das OLG Dresden entschied, dass dem Versicherungsnehmer gegen den Versicherungsvermittler kein Anspruch auf Schadensersatz, wegen einer Beratungspflichtverletzung zusteht.

Keine Gesamtwirkung des Vergleiches

Das OLG Dresden entschied zunächst, dass die Vergleichsvereinbarung zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer keine Gesamtwirkung in Bezug auf den Versicherungsvermittler hat.

Ob ein Ausgleichs- und Abfindungsvereinbarung Gesamtwirkung hat, ist durch die Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Bestehen jedoch Zweifel ist grundsätzlich von keiner Gesamtwirkung auszugehen. Lediglich, wenn beide Parteien der Ausgleichsvereinbarung eine Gesamtwirkung gewollt haben, wäre von einer Gesamtwirkung für den Versicherer und den Versicherungsvermittler auszugehen. Im vorliegenden Fall konnte ein solcher Wille jedoch nicht festgestellt werden, wodurch die Gesamtwirkung abzulehnen war.

Allein aus der Formulierung „alle Ansprüche“ und der Unterzeichnung des Versicherungsnehmers kann kein Einverständnis in Bezug auf die Gesamtwirkung für den Versicherer und den Versicherungsvermittler abgeleitet werden. Vielmehr lässt sich aus der Formulierung „Die Abfindungserklärung bezieht sich auf Ansprüche gegen: Versicherer…“ schließen, dass sich der Vergleich eben nur auf diesen beziehen sollte.

Keine Beratungspflichtverletzung

Das Gericht betonte jedoch, dass es grundsätzlich Aufgabe des Versicherungsnehmers sei, sich in eigener Verantwortung, über die zu versichernden Risiken klar zu werden und über den hierfür in Betracht kommenden Versicherungsschutz zu informieren. Bringt der Versicherungsnehmer seine Vorstellungen nicht zum Ausdruck, kann von einem Versicherungsvermittler Beratung erwartet werden, wenn sich aufgrund der Gesamtumstände ein Bedürfnis hierfür offenbart. Dies wäre der Fall, wenn sich der Versicherungsnehmer erkennbar falsche Vorstellungen über die Reichweite des Versicherungsschutzes macht oder das erkennbar zu versichernde Risiko von dem ins Auge gefassten Versicherungsschutz nicht vollständig erfasst wird. Im vorliegenden Fall hat der Versicherungsnehmer jedoch erstmalig nach Eintritt des Versicherungsfalls zu erkennen gegeben, dass ihm eine Abdeckung von Vandalismusschäden wichtig ist

Zudem führt der Versicherungsschein einen Baustein in den AVB für Vandalismusschäden auf. Diesen wählte der Versicherungsnehmer nicht aus. Dadurch war es für den Versicherungsvermittler nicht erkennbar, dass ein entsprechender Schutz gewünscht wurde.

Fazit

Das Urteil des OLG Dresden zeigt, dass nur weil sich der Versicherungsnehmer und der Versicherer über die Regulierung eines Versicherungsfalles geeinigt haben, damit auch jegliche Haftungsgefahr für den Versicherungsvermittler beseitigt ist. Vielmehr zeigt das Urteil, dass gerade bei einer solchen Vergleichsvereinbarung, in welcher der Versicherungsnehmer eben nur einen Teil seiner Schäden ersetzt bekommt, oftmals der Keim für die Inanspruchnahme des Versicherungsvermittlers liegt.

Weiter Informationen und Rechtsprechungen finden Sie unter „Die Haftung des Versicherungsmakler“ und „Die Haftung des Versicherungsvertreters“.

Wurden Sie falsch beraten?

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

Zum Anwaltsprofil

Rechtsanwalt Jens Reichow

Mandantenstimmen:

Mit unserer Kompetenz streiten wir ehrgeizig für Ihr Ziel, nämlich Ihre Interessen durchzusetzen! Wir freuen uns, dass unsere Mandanten-/-innen unser Engagement schätzen und positiv bewerten.

Hinweise zu Kundenbewertungen

Bleiben Sie informiert – unser Newsletter!

Verpassen Sie auch zukünftig keinen Beitrag unserer Kanzlei. Über unseren 2mal monatlich erscheinenden Newsletter erhalten Sie stets die aktuellen Beiträge unserer Kanzlei zu den Themen Versicherungsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Vertriebsrecht, Handelsvertreterrecht und Wettbewerbsrecht. Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung.