Obliegenheit zur Schadensminderung nach Wasserschaden auf Fliesenboden (LG Stuttgart)

Das LG Stuttgart entschied zu der Frage, ob und inwieweit den Versicherungsnehmer im Rahmen der Obliegenheit zur Schadensminderung eine Verpflichtung trifft einen mit Fliesen belegten überschwemmten Gebäudebereich durch technische Mittel zu trocknen (LG Stuttgart, Urt. v. 21.12.2018 – 3 O 257/15)

Der Sachverhalt vor dem LG Stuttgart

Die Klägerin unterhielt eine Wohngebäudeversicherung bei der beklagten Versicherung. Am 09.06.2007 kam es in den Geschäftsräumen der Klägerin zu einen durch Starkregen verursachten Leitungswasserschaden. Das Wasser verteilte sich in den 420m² großen Räumen und infolgedessen durchfeuchtete der Estrich und Fliesenbelag. Ein Sachverständiger wurde bestellt. Dieser stellte fest, dass der Schaden an der überfluteten Fläche an sich unvermeidbar gewesen wäre, jedoch der Wasserschaden am Estrich erst durch das über Wochen andauernde Unterlassen von Trocknungsmaßnahmen entstand. Die Versicherung verweigert die Zahlung des vollständigen Schadens mit der Begründung, der Versicherungsnehmer hätte technische Mittel zur Trocknung bemühen müssen.

Rechtliche Bewertung: Kürzung der Versicherungsleistung?

Die Versicherung hat sich dazu bereit erklärt den Schaden zu ersetzen, der unvermeidbar an der Fläche an sich eintrat. Da ein Sachverständiger feststellen konnte, dass die Folgeschäden am Estrich vermeidbar gewesen wären, war zu klären ob eine Leistungskürzung wegen einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers gem. § 82 Abs. 1 VVG. Die Klägerin müsste beweisen, dass die Sorgfaltspflicht weder grob fahrlässig noch vorsätzlich vernachlässigt wurde, ein Hinweis der Versicherer zur Vornahme von Trocknungsmaßnahmen bedarf es nicht. Die Klägerin konnte nicht beweisen, dass sie sich nach Eintritt des Wasserschadens unmittelbar um ein Trocknungsunternehmen bemüht hat. Somit war der Versicherer nicht verpflichtet den Teil des Schadens zu decken, der erst infolge des Unterlassens von Abwendungsbemühungen eingetreten ist.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Infolge von Versicherungsereignissen kann unter Umständen eine weitere Gefährdung von versicherten Gütern bevorstehen. Die Versicherungsnehmer trifft hierbei die Rettungsobliegenheit des § 82 Abs. 1 VVG. Verweigert sich ein Versicherer die vollständige Versicherungssumme zu leisten, sollte mit der Klärung ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden.

Weiterführende interessante versicherungsrechtliche Artikel und Urteilszusammenfassungen können nachfolgend in einem Leitartikel nachgelesen werden: Gebäudeversicherungen.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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Rechtsanwalt Björn Jöhnke berichtet über Urteil zur Obliegenheit zur Schadensminderung.

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