Veranstaltungsausfallversicherung: Versicherungsschutz bei behördlicher Maßnahme gegen Covid-19-Pandemie (LG Ansbach)

Das LG Ansbach hatte am 16.02.2021 darüber zu urteilen (Az.: 3 O 925/20), ob dem Versicherungsnehmer einer Veranstaltungsausfallversicherung bei behördlicher Maßnahme gegen Covid-19 die vertragsgemäße Versicherungsleistung zusteht, obwohl ein einschlägiger Ausschluss des Pandemie-Risikos im Vertrag bestand.

Der Sachverhalt vor dem LG Ansbach

Die Klägerin unterhielt eine Veranstaltungsausfallversicherung als Konzertveranstalterin. Im August 2020 waren Großveranstaltungen allgemein untersagt. Die beklagte Versicherung wurde in Anspruch genommen, um die Kosten zu ersetzen die entstanden, weil ein geplantes Konzert abgesagt werden musste. Die Versicherung verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass in ihren Versicherungsbedingungen der Ersatz von Schäden, die unmittelbar oder mittelbar durch Seuchen oder Epidemien entstehen, ausgeschlossen sein soll.

Gegen die Leistungsverweigerung wandte die Versicherungsnehmerin ein, dass im selben Versicherungsvertrag an anderer Stelle in der Klausel „Mitversicherung von politischen Gefahren“ solche Schäden zu ersetzen seien, die unmittelbar oder mittelbar durch ein behördlich angeordnetes Veranstaltungsverbot entstehen. Eine weitere Klausel „Entziehung oder sonstige Eingriffe von hoher Hand“ versichert Schäden infolge von Verfügungen, die ein generelles Veranstaltungsverbot beinhalten, von denen die Veranstaltung direkt betroffen ist.

Die rechtliche Bewertung: Vom Versicherungsschutz umfasst?

Das LG Ansbach gab dem Kläger Recht, der Versicherungsschutz besteht. Für die Frage, ob der Versicherer zu leisten hat ist maßgeblich, ob das Geschehen als Versicherungsfall zu bewerten ist. Der gesamte Versicherungsvertrag war zu untersuchen. In Ziff. 3 war eine allgemeine Ausschlussklausel normiert. Nach dieser sollen alle Schäden, die unmittelbar oder mittelbar durch Seuchen oder Epidemien entstehen, ausgeschlossen sein. Wertet man nur diesen Ausschluss aus, so müsste die Covid-19-Pandemie als Epidemie nicht als versichert gelten.

Jedoch sind in einem einheitlichen Versicherungsvertrag auch alle weiteren Klauseln zu berücksichtigen. Dies umfasst auch Zusatzklauseln. Wenn sich zwischen mehreren Klauseln ein Wertungswidersprich ergibt, so ist dieser stets zugunsten des Versicherungsnehmers aufzulösen. Ein solcher Wertungswiderspruch ergab sich in der Streitsache deshalb, weil im gleichen Versicherungsvertrag an anderer Stelle unter der Überschrift „Mitversicherung von politischen Gefahren“ solchen Schaden zu ersetzen sind, die aufgrund eines behördlichen angeordneten Veranstaltungsverbots entstehen. Im Versicherungsrecht ist der Wiedereinschluss von Risiken üblich, hierdurch können ausgeschlossene Gefahren an späterer Stelle wieder in den Vertrag einbezogen werden.

Zweifelsfrei ist das Veranstaltungsverbot durch eine behördliche Anordnung ergangen. Der Ausschluss bezieht sich auf alle Schäden, die durch Pandemien entstehen und ist einschlägig, wohingegen der Wiedereinschluss wiederum solche Schäden versichert, die durch behördlich angeordnete Veranstaltungsverbot entstehen. Die Klauseln stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander, dass Versicherungsnehmer-freundlich aufgelöst werden muss. Die Ausschlussklausel wird außer Kraft gesetzt und der Versicherungsschutz für ein behördlich angeordnetes Veranstaltungsgebot gewährt.

Fazit und Hinweise für die Praxis

Kommt es Covid-19 bedingt zu Betriebsausfällen, sollten die zugrundeliegenden Versicherungsverträge vollständig überprüft werden. Im Einzelfall kann sich ergeben, dass die Pandemie als abstrakte Gefahr doch versichert ist, obwohl der Versicherungsschutz für eine Pandemie ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Im Falle der Auseinandersetzung mit dem Versicherer sollte ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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Rechtsanwalt Björn Jöhnke berichtet über Urteil zum Versicherungsschutz bei behördlicher Maßnahme gegen Covid-19.

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