Kündigungshilfe durch formularmäßig vorbereitete Kündigungserklärungen (OLG Schleswig)

Das OLG Schleswig untersuchte am 16.07.1999 (Az. 6 U 28/99) die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Kündigungshilfe durch Versicherungsmakler mittels vorgefertigter Formulare. Für eine flüssige Vermittlung ist es gerade zu unerlässlich im Wege einer Beauftragung, die Kündigung der bestehenden Versicherungsverträge für den Versicherungsnehmer abzuwickeln (vgl. OLG Oldenburg: Kontaktverbot im Rahmen einer Kündigungshilfe von Versicherungsverträgen durch den Vermittler ist zulässig). Das OLG Schleswig sieht in der Verwendung von vorgefertigten Kündigungsformularen keinen Wettbewerbsverstoß.

Kündigungshilfe durch Versicherungsmakler

Der beklagte Makler erörterte gemeinsamen mit seinem Kunden den Umfang seines Versicherungsschutzes. Im Wege der Beratung ließ sich der Makler bei Kundeninteresse eine Vollmachtsurkunde unterzeichnen, die ihn zur Kündigung bestehender und zum Abschluss neuer Verträge berechtigt. Nach erfolgter Beratung ließ er seinen Kunden vorgefertigte Kündigungsformulare zukommen, die lediglich unterschrieben zurückgesendet werden müssen. Die Klägerin hielt dieses Verhalten für wettbewerbswidrig.

Zulässigkeit von vorformulierten Kündigungserklärungen?

Es stellte sich die Frage, ob die Verwendung von Kündigungsformularen eine unzulässige Wettbewerbshandlung im Sinne des § 3 UWG darstellt. Die Zulässigkeit hängt davon ab, ob die Kündigungshilfe als solche pflichtentsprechend zulässig ist und wenn ja, ob diese auch mit Hilfe von Formularen erfolgen darf.

Zulässig ist die Hilfe dann, wenn in ihr kein Verstoß gegen die Maklerpflichten zu sehen ist. Für die Bestimmung des Umfangs der Pflichten wurde die wegweisende Bewertung des BGH (Urt. v. 22.05.1985 – IVa ZR 190/83) herangezogen. Der Versicherungsmakler wird im Vertrauen und Interesse des Versicherungsnehmers tätig, er ist deshalb zum Abschluss des interessengerechtesten Vertrages berechtigt und verpflichtet. Hieraus ergeht eine weite Verpflichtung zur Risiko-Prüfung und im Ergebnis wird der Makler als Treuhänder seines Kunden tätig (vgl. Sachwalterentscheidung“). Diese umfassenden Pflichten begründen eine Stellung und Funktion, die insbesondere dadurch ausgeübt werden können muss, dass der Makler die ungünstigeren Verträge kraft seiner Beauftragung kündigen darf.

Gerade wegen dieser funktionellen Treuhändereigenschaft muss es dem Makler erlaubt sein, die Kündigungshilfe auch durch vorgefertigte Formulare zu bewirken. Wenn der Makler der Sachwalter des Versicherungsnehmers ist, dann muss er auch berechtigt sein die „lästige Aufgabe“ des Kündigens zu übernehmen und darf die Kündigungen selbst entwerfen und absenden. Eine ausdrückliche Untersagung der Kündigungshilfe, die den Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft zu entnehmen ist, gilt nicht für Makler (siehe auch: OLG Dresden: Kein Kontaktverbot durch Krankenkassen im Rahmen einer Kündigungshilfe von Versicherungsverträgen ; OLG Jena: Erteilung eines Kontaktverbotes durch Versicherungsvermittler ist unzulässig; OLG Oldenburg: Kontaktverbot im Rahmen einer Kündigungshilfe von Versicherungsverträgen durch den Vermittler ist unzulässig).

Das Marktverhalten ist zulässig und die Verwendung von Kündigungsformularen entspricht der sorgfältigen Pflichtwahrung der Makler.

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Fazit und Hinweise für Versicherungsvermittler

Für die Versicherungsmakler ist die schnelle und vor allem selbsthändige Abwicklung von Vertragsschlüssen der Kern ihrer Tätigkeit. Sie wahren treuhänderisch die Interessen der Versicherungsnehmer und sind deswegen berechtigt, die lästige Aufgabe des Kündigens für ihre Kunden zu übernehmen.

Die Grenze zu einer unzulässigen Kündigungshilfe kann dann erreicht sein, wenn diese durch einen ausscheidenden Versicherungsvermittler für ehemalige Bestandskunden erfolgt, es entsteht hierdurch Potenzial für wettbewerbsrechtliche Probleme, und zwar im Verhältnis gegenüber dem ehemaligen Prinzipal. Den Handelsvertretern ist die Konkurrenztätigkeit nach Ausscheiden aus dem Vertreterverhältnis nicht grundsätzlich zu untersagen. Die Verwertung von Kundendaten ist nach Maßgabe der Rechtsprechung des BGH durchaus statthaft (BGH: Nutzungsmöglichkeit von Kundendaten nach Ausscheiden aus bestehendem Handelsvertreterverhältnis, BGH: Die sogenannte Gedächtnisrechtsprechung in Bezug auf Kundendaten. Dies ist aber nicht unbegrenzt zulässig, wie auch weitergehende gerichtliche Entscheidungen bestätigt haben.

Ein weiterführender Artikel zur Abgrenzung von zulässigem gegenüber unzulässigen Wettbewerbsverhalten, sowie weiteren rechtlichen Fragestellungen, ist nachfolgend zu finden: „Der Handelsvertreter und die Kundendaten“ (Die Verwertung von Kundenkontakten nach Ausscheiden des Versicherungsvermittlers – Eine rechtliche Fallstricke).

Handelsvertreter, die sich von ihrem Prinzipal trennen, weil sie zum Beispiel Versicherungsmakler werden wollen, sollten sich zwingend mit den entsprechenden rechtlichen Fallstricken beschäftigen und sich bestenfalls frühzeitig rechtlichen Rat von auf Vertriebsrecht spezialisierten Rechtsanwälten einholen. Gerade auch die Beendigung eines Handelsvertretervertrages birgt viele rechtliche Probleme, mit welchen man sich vor der Trennung vom Prinzipal beschäftigen sollte. Auch Fragen rund um eine etwaige Aufhebungsvereinbarung sowie ein mögliches nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter sollten auf Vertriebsrecht spezialisiert Rechtsanwälte beantworten. Für alle Rechtsfragen rund um das Handelsvertreterrecht, Wettbewerbsrecht und Datenschutzrecht stehen die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Jöhnke & Reichow gern zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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