Weiterverwendung von selbst geworbenen Kundendaten (BGH)

Der BGH hat am 26.02.2009 (Az. I ZR 28/06) zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der Weiterverwendung von selbst geworbenen Kundendaten nach dem Ausscheiden des Versicherungsvertreters geurteilt. Es war die äußerst relevante Frage zu klären, ob der Vermittler nach seinem Ausscheiden weiterhin Kontakt zu den Kunden aufbauen darf, die er selbst geworben hat.

Der Sachverhalt vor dem BGH

Der Beklagte ist als selbstständige Versicherungsmaklerin tätig. Der Beklagte reichte über die Agentur seines Vaters – die bei der Klägerin beschäftigt war – Versicherungsverträge für von ihm geworbene Kunden ein. Nach der Auflösung des Generalagenturverhältnisses nahm der Beklagte den Kontakt zu 450 von ihm damals betreuten Kunden auf, um neue Verträge zu vermitteln. Der Beklagte macht geltend, dass er nicht die Kundenunterlagen der Agentur seines Vaters genutzt hat, sondern nur Aufzeichnungen, die er selbst während der Werbung angefertigt hat.

Verwertungsverbot aus § 90 HGB?

Das BGH musste aufgrund der Tätigkeit des Beklagten als freier Makler feststellen, ob er als tauglicher Täter im Sinne des § 17 UWG (alte Fassung) in Frage kommt. Dem war nicht so, denn selbstständige Gewerbetreibende können keine Täter im Sinne des UWG sein.

Aber eine verschuldensabhängige Haftung kann sich aus § 90 HGB ergeben. Ein Verstoß gegen das Verwertungsgebot von Geschäftsgeheimnissen kann zu Schadensersatz- und Unterlassungsforderungen gegen den Verursacher führen. Der beklagte Makler müsste sich die Daten unbefugt verschafft haben. Der beauftragte Vertreter ist nach § 667 BGB verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Dies umfasst auch Kundenkontakte. Indem er die Aufzeichnungen, die er angefertigt hat, nicht herausgegeben hat, hat er gegen die Herausgabeverpflichtung verstoßen.

Hiergegen ließe sich einwenden, dass der Beklagte als Makler tätig wurde und somit mithin nach § 59 Abs. 3 VVG nicht als Beauftragter seines Vaters gehandelt hat, sondern selbstständig im Interesse der Kunden handelt. Somit hätte er auch nichts herauszugeben und das Behalten der Daten wäre kein unbefugtes Verschaffen. Jedoch verblieb dieses Argument fruchtlos, denn der BGH hat eine wertende Betrachtung vorgenommen und auf den geschäftsleitenden Vater abgestellt, diesen trifft die Herausgabepflicht als von den Versicherern beauftragter Makler. Den Beklagten trifft als eingeschalteten Untervertreter (§ 84 Abs. 1 HGB) seines Vaters (Unternehmer) diese Herausgabepflicht mittelbar. Der Beklagte durfte als Untervertreter nach der Gedächtnis-Rechtsprechung des BGH (BGH: Die sogenannte Gedächtnisrechtsprechung in Bezug auf Kundendaten) nur solche Daten verwenden, die er im Gedächtnis behielt. Es ist somit stets für die Weiterverwendung abzugrenzen, ob eine Herausgabepflicht besteht, dies ist dann zu verneinen, wenn der Makler tatsächlich selbstständig nur auf Kundengeheiß tätig wird.

Fazit und Hinweise für Versicherungsvermittler

Kundenkontaktdaten sind Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 90 HGB. Die selbstständigen Makler sind von dieser Verpflichtung nicht betroffen. Die Kunden, die sie gewinnen, stehen ausschließlich ihnen zu. Anders verhält sich dies dann, wenn sie als Untervertreter einer Generalagentur beschäftigt sind. Sie trifft mittelbar eine Herausgabepflicht von Aufzeichnungen über Kundendaten.

Ein weiterführender Artikel zur Abgrenzung von zulässigem gegenüber unzulässigen Wettbewerbsverhalten, sowie weiteren rechtlichen Fragestellungen, ist nachfolgend zu finden: „Der Handelsvertreter und die Kundendaten“ (Die Verwertung von Kundenkontakten nach Ausscheiden des Versicherungsvermittlers – Eine rechtliche Fallstricke).

Handelsvertreter, die sich von ihrem Prinzipal trennen, weil sie zum Beispiel Versicherungsmakler werden wollen, sollten sich zwingend mit den entsprechenden rechtlichen Fallstricken beschäftigen und sich bestenfalls frühzeitig rechtlichen Rat von auf Vertriebsrecht spezialisierten Rechtsanwälten einholen. Gerade auch die Beendigung eines Handelsvertretervertrages birgt viele rechtliche Probleme, mit welchen man sich vor der Trennung vom Prinzipal beschäftigen sollte. Auch Fragen rund um eine etwaige Aufhebungsvereinbarung sowie ein mögliches nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter sollten auf Vertriebsrecht spezialisiert Rechtsanwälte beantworten.

Für alle Rechtsfragen rund um das Handelsvertreterrecht, Wettbewerbsrecht und Datenschutzrecht stehen die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Jöhnke & Reichow gern zur Verfügung.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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