Unzulässiger Rückgriff auf selbst geworbenen Kundendaten (LG Köln)

Das LG Köln urteilte am 21.01.2010 (Az. 31 O 678/09) zur Unzulässigkeit der Weiterverwendung von Kundendaten, die in einem beendeten Vertreterverhältnis erlangt wurden. Das Urteil ist insbesondere brisant, weil die Weiterveräußerung von Datensätzen wettbewerbswidrig sein kann.

Der Sachverhalt vor dem LG Köln

Die beklagte insolvent gegangene Versicherungsmaklerin wurde von einem Versicherungsunternehmen verklagt, welches bundesweit Kranken- und Lebensversicherungen anbietet. Die Beklagte nahm in ihrer aktiven Zeit Kontakt zu potentiellen Versicherungsnehmern auf und schloss mit diesen einen Maklervertrag ab. Der Maklervertrag umfasste dabei nicht nur die Vermittlung einer Versicherung, sondern auch die Betreuung des Versicherungsnehmers. Im Rahmen dessen übermittelte die Beklagte der Klägerin die jeweiligen Versicherungsanträge. Nach Vertragsabschluss ergänzte die Klägerin die Daten um weitere vertragsrelevante Informationen, wie beispielsweise die Versicherungsnummer. Ebenso nahmen sie während der Vertragslaufzeit Änderungen in den Daten der Versicherungsnehmer auf, welche beispielsweise Risikozuschläge, Tarifänderungen/ Tarifwechsel, Altersrückstände oder Änderungen der Personen-, Adress- oder Bankdaten betrafen.

Am 09.11.2009 erhielt die Klägerin Kenntnis, dass die Beklagte die Kundenstammdaten für 1,5 Mio. EUR am Markt veräußern wollte. Die Klägerin begehrte sodann Unterlassung dieses Verhaltens und zog vor Gericht.

Die rechtliche Wertung: Wettbewerbsrechtlicher Verstoß?

Das LG Köln gab der Klägerin Recht. Zu Beginn der Beurteilung, nämlich ob ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch besteht, musste die Frage beantwortet werden, ob die Kundendaten als Geschäftsgeheimnisse iSd. § 17 Abs. 2 UWG zu behandeln sind. Danach stellt jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist, ein Geschäfts- und Betriebsgeheimnis dar, wenn die Tatsache nach dem bekundeten, auf wirtschaftlichen Interessen beruhenden Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden soll. Geschützt werden die Daten solcher Kunden, die bereits in geschäftliche Beziehung mit dem Unternehmer getreten sind. Gerade die Qualität der zum Verkauf angebotenen Daten spricht dafür, dass sie geheimnispflichtig sind. Aus den persönlichen Kundendaten wie Name, Anschrift und Telefonnummer lässt sich ein potenzieller Vertragspartner generieren.

Die Verwertung der Daten nach der Beendigung des Vertragsverhältnis ist nicht absolut verboten, aber beschränkt auf solche Daten, die im Gedächtnis verblieben sind. Ausdrücklich untersagt ist der Rückgriff auf Daten, die während des Arbeits- oder Auftragsverhältnis schriftlich niedergelegt wurden. Diesem Verwertungsverbot von Betriebsgeheimnissen unterliegen Angestellte aber auch selbstständige Handelsvertreter. Dies gilt so weit wie dem Vertreter Daten anvertraut oder der Zugriff auf Kundendaten ermöglicht wurde (vgl. BGH: XING-Kontakte sind als Geschäftsgeheimnisse einzustufen).

Dem Beklagten wurde der Zugriff auf die Kundendaten durch die angewendete Geschäftspraxis ermöglicht. Er hat sich Kopien oder Abschriften der noch nicht vervollständigten Anträge gemacht und hiermit wettbewerbswidrig gehandelt.

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Fazit und Hinweise für Versicherungsvermittler

Vermittlern ist der Rückgriff auf Kundendaten nach dem Handelsvertreterverhältnis grundsätzlich untersagt. Die Ausnahme davon sind Daten der Kunden, die im Gedächtnis verblieben sind. Ab dem Ausscheiden aus dem Vertreterverhältnis, besteht mit Aufnahme einer nachvertraglichen Konkurrenztätigkeit die Möglichkeit von wettbewerbsrechtlichen Probleme im Verhältnis gegenüber dem ehemaligen Prinzipal. Den Handelsvertretern ist die Konkurrenztätigkeit nach Ausscheiden aus dem Vertreterverhältnis nicht grundsätzlich zu untersagen. Die ausgeschiedenen Handelsvertreter sind aufgrund des § 90 HGB dazu berechtigt die Daten weiterzuverwenden, an die sie sich erinnern können. Dies ist aber nicht unbegrenzt zulässig, wie auch weitergehende gerichtliche Entscheidungen bestätigt haben.

Ein weiterführender Artikel zur Abgrenzung von zulässigem gegenüber unzulässigen Wettbewerbsverhalten, sowie weiteren rechtlichen Fragestellungen, ist nachfolgend zu finden: „Der Handelsvertreter und die Kundendaten“ (Die Verwertung von Kundenkontakten nach Ausscheiden des Versicherungsvermittlers – Eine rechtliche Fallstricke).

Handelsvertreter, die sich von ihrem Prinzipal trennen, weil sie zum Beispiel Versicherungsmakler werden wollen, sollten sich zwingend mit den entsprechenden rechtlichen Fallstricken beschäftigen und sich bestenfalls frühzeitig rechtlichen Rat von auf Vertriebsrecht spezialisierten Rechtsanwälten einholen. Gerade auch die Beendigung eines Handelsvertretervertrages birgt viele rechtliche Probleme, mit welchen man sich vor der Trennung vom Prinzipal beschäftigen sollte. Auch Fragen rund um eine etwaige Aufhebungsvereinbarung sowie ein mögliches nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter sollten auf Vertriebsrecht spezialisiert Rechtsanwälte beantworten.

Für alle Rechtsfragen rund um das Handelsvertreterrecht, Wettbewerbsrecht und Datenschutzrecht stehen die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Jöhnke & Reichow gern zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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Rechtsanwalt berichtet über Urteil zur Weiterverwendung von Kundendaten.

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