Der BGH hat am 19.12.2002 (Az. I ZR 119/00) über die unzulässige Verwertung von Kundendaten entschieden. Es ging um die äußerst wichtige Frage, ob der Handelsvertreter nach dem Ausscheiden Daten verwerten darf, die er in seinen persönlichen Unterlagen hat.
Der klagende Weinvertreiber stellte dem beklagten Handelsvertreter eine Kartei mit 1500 Kundenadressen zur Verfügung. Nach seinem Ausscheiden aus dem Betrieb der Klägerin schrieb der Beklagte 200 bis 220 Kunden der Klägerin an und lud sie mit der Anrede „Lieber Weinfreund, sehr geehrter Kunde“ zu Geschäftsgesprächen ein. Der Kläger macht geltend, dass der Beklagte in unlauterer Weise seine Stammkunden angeschrieben hat.
Vorweg nahm der BGH die Frage, ob das Verhalten nach § 90 HGB unzulässig gewesen ist. Das Verhalten verstoße nicht gegen § 90 HGB, denn ein Handelsvertreter darf grundsätzlich in Konkurrenz zu seinem früheren Prinzipal treten. Sodann war zu prüfen, ob das Verhalten wettbewerbswidrig im Sinne des § 17 Abs. 2 UWG (alte Fassung) ist. Die Verwertung von Geschäftsgeheimissen zu eigenen Wettbewerbszwecken ist stets unlauter. Hiergegen wandte der beklagte Vertreter ein, dass er die Kundenkontakte aufgrund in Erinnerung gebliebener Fakten und mithilfe seines Telefonbuches rekonstruieren konnte, so dass er entsprechend der „Gedächtnis-Rechtsprechung“ des BGH nicht wettbewerbswidrig gehandelt habe.
Der BGH stellte allerdings fest, dass das Verwerten des Telefonbuches problematisch ist. Denn der Handelsvertreter darf keine im Laufe seines Vertreterverhältnisses erlangten Kundendaten verwenden, auch dann nicht, wenn sie in seine persönliche Unterlagen gelangt sind. Es ist jegliche Verwertung außerhalb des Ursprungsunternehmens zu unterlassen.
Ab dem Ausscheiden aus dem Vertreterverhältnis gilt ein striktes Verwertungsverbot für Altkundendaten. Handelt der Vertreter zuwider, können wettbewerbsrechtliche Probleme im Verhältnis gegenüber dem ehemaligen Prinzipal entstehen. Handelsvertretern ist die Konkurrenztätigkeit nach Ausscheiden aus dem Vertreterverhältnis nicht grundsätzlich untersagt. Die ausgeschiedenen Handelsvertreter sind aufgrund des § 90 HGB dazu berechtigt die Daten weiterzuverwenden, an die sie sich erinnern können. Dies ist aber nicht unbegrenzt zulässig, wie auch weitergehende gerichtliche Entscheidungen bestätigt haben.
Ein weiterführender Artikel zur Abgrenzung von zulässigem gegenüber unzulässigen Wettbewerbsverhalten, sowie weiteren rechtlichen Fragestellungen, ist nachfolgend zu finden: „Der Handelsvertreter und die Kundendaten“ (Die Verwertung von Kundenkontakten nach Ausscheiden des Versicherungsvermittlers – Eine rechtliche Fallstricke).
Handelsvertreter, die sich von ihrem Prinzipal trennen, weil sie zum Beispiel Versicherungsmakler werden wollen, sollten sich zwingend mit den entsprechenden rechtlichen Fallstricken beschäftigen und sich bestenfalls frühzeitig rechtlichen Rat von auf Vertriebsrecht spezialisierten Rechtsanwälten einholen. Gerade auch die Beendigung eines Handelsvertretervertrages birgt viele rechtliche Probleme, mit welchen man sich vor der Trennung vom Prinzipal beschäftigen sollte. Auch Fragen rund um eine etwaige Aufhebungsvereinbarung sowie ein mögliches nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter sollten auf Vertriebsrecht spezialisiert Rechtsanwälte beantworten.
Für alle Rechtsfragen rund um das Handelsvertreterrecht, Wettbewerbsrecht und Datenschutzrecht stehen die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Jöhnke & Reichow gern zur Verfügung.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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