Die Gedächtnisrechtsprechung in Bezug auf Kundendaten (BGH)

Der BGH urteilte am 14.01.1999 (Az. I ZR 2-97) wegweisend für die Verwertung von Kundendaten durch die Handelsvertreter. Die Grundbausteine der Gedächtnis-Rechtsprechung legte der BGH mit Urteil vom 28.01.1993 (BGH: Nutzungsmöglichkeit von Kundendaten nach Ausscheiden aus bestehendem Handelsvertreterverhältnis). Ihre Kenntnis ist für aktive Handelsvertreter unerlässlich.

Der Sachverhalt vor dem BGH

Die streitenden Parteien sind Wettbewerber im Weinhandel. Die Klägerin stellt ihren Vertretern bei Einstellung eine Kundenkartei zur Verfügung. Die Handelsvertreter unterliegen in ihrem Vertrag folgender „Geschäftsgeheimnis“-Klausel (abgewandelt):

(1) Die Namen und Kundenanschriften sind Geschäftsgeheimnisse. Der Handelsvertreter erkennt an, dass er diese Anschriften nicht außerhalb des Vertreterverhältnisses verwertet werden dürfen.

(2) Der Vertreter darf Kundendaten nur auf firmeneigenen Unterlagen (Auftragsvordruck) anfertigen. Diese Aufzeichnungen sind bei Verlangen des Unternehmens vollständig abzugeben.

Aufgrund eines solchen Vertretervertrag erhielt ein Vertreter der Klägerin 1.500 Kundenadressen. Nach einem Wechsel in ein Konkurrenzunternehmen schrieb der ehemalige Vertreter der Klägerin im Namen des beklagten Konkurrenzunternehmens Kunden an. Nach Aussage der Klägerin erhielt der Vertreter die Kundendaten von ihr. Der BGH wies die Klage zurück, es konnte nicht bewiesen werden, ob der Vertreter tatsächlich die Daten verwendet hat oder nur solche Daten verwendet, hat an die er sich erinnern konnte.

Rechtsanwalt für Versicherungsrecht

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Die rechtliche Wertung des BGH – Zulässigkeit der Kundenverwertung

Die Versicherungsvertreter sind während des Vertreterverhältnisses zur Rücksichtnahme auf die Interessen ihres Vertriebsunternehmens verpflichtet. Dies beinhaltet regelmäßig, dass während des Verhältnisses keine Kundendaten weitergegeben werden dürfen oder in eigenem Interesse verwertet werden dürfen.

Anders stellt sich dies nach Beendigung des Verhältnisses dar, ab dann gilt das gesetzliche Leitbild des § 90 HGB. Einem Handelsvertreter steht es nach Beendigung des Vertreterverhältnisses frei, dem Unternehmen in dem Bereich Konkurrenz zu machen, in dem er es vorher vertreten hat. Einen generellen Anspruch auf Erhaltung des Kundenkreises hat der Unternehmer nicht. Die Grenze ist dort gezogen, wo der Vertreter unlauter gem. §§ 1, 3 UWG handelt.

Ein vertrags- und wettbewerbsrechtlich zulässiges Verhalten liegt dann vor, wenn der Vermittler Kundenadressen verwertet, die ihm im Gedächtnis geblieben sind („Gedächtnisrechtsprechung“, BGH: Nutzungsmöglichkeit von Kundendaten nach Ausscheiden aus bestehendem Handelsvertreterverhältnis). Demnach ist es dem Handelsvertreter erlaubt solche Daten, die ihm im Gedächtnis bleiben zur Konkurrenztätigkeit zu verwenden, dies entspricht der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmannes. Ein Kontaktverbot zu Altkunden ist unzulässig (OLG Jena: Erteilung eines Kontaktverbotes durch Versicherungsvermittler ist unzulässig).

Fazit und Hinweise für Versicherungsvermittler

Ab dem Ausscheiden aus dem Vertreterverhältnis, besteht mit Aufnahme einer nachvertraglichen Konkurrenztätigkeit die Möglichkeit von wettbewerbsrechtlichen Probleme im Verhältnis gegenüber dem ehemaligen Prinzipal. Den Handelsvertretern ist die Konkurrenztätigkeit nach Ausscheiden aus dem Vertreterverhältnis nicht grundsätzlich zu untersagen. Die ausgeschiedenen Handelsvertreter sind aufgrund des § 90 HGB dazu berechtigt die Daten weiterzuverwenden, an die sie sich erinnern können. Dies ist aber nicht unbegrenzt zulässig, wie auch weitergehende gerichtliche Entscheidungen bestätigt haben.

Ein weiterführender Artikel zur Abgrenzung von zulässigem gegenüber unzulässigen Wettbewerbsverhalten, sowie weiteren rechtlichen Fragestellungen, ist nachfolgend zu finden: „Der Handelsvertreter und die Kundendaten“ (Die Verwertung von Kundenkontakten nach Ausscheiden des Versicherungsvermittlers – Eine rechtliche Fallstricke).

Handelsvertreter, die sich von ihrem Prinzipal trennen, weil sie zum Beispiel Versicherungsmakler werden wollen, sollten sich zwingend mit den entsprechenden rechtlichen Fallstricken beschäftigen und sich bestenfalls frühzeitig rechtlichen Rat von auf Vertriebsrecht spezialisierten Rechtsanwälten einholen. Gerade auch die Beendigung eines Handelsvertretervertrages birgt viele rechtliche Probleme, mit welchen man sich vor der Trennung vom Prinzipal beschäftigen sollte. Auch Fragen rund um eine etwaige Aufhebungsvereinbarung sowie ein mögliches nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter sollten auf Vertriebsrecht spezialisiert Rechtsanwälte beantworten.

Für alle Rechtsfragen rund um das Handelsvertreterrecht, Wettbewerbsrecht und Datenschutzrecht stehen die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Jöhnke & Reichow gern zur Verfügung.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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