Am 09.09.2021 urteilte das LG Hamburg (Az. 413 HKO 27/20) zum Ernstfall der privaten Maklerhaftung in Millionenhöhe. Zur Haftung für einen ca. 5 Mio. Euro Schaden konnte es nur kommen, weil der Versicherungsmakler während einer laufenden Betreuung seiner Beratungsverpflichtung seinem Kunden gegenüber nicht nachkam und das Risiko nicht versicherte. Zur Verhinderung dieses Worstcase-Szenarios ist die Kenntnis der Anforderungen an die Maklerpflichten von enormer Wichtigkeit.
Die Klägerin klagte den Versicherungsmakler an, weil dieser seine Pflichten aus dem Maklervertrag nicht korrekt erfüllt hatte. Die Klägerin betreibt seit 1990 ein Bewachungsgewerbe (§ 34a GewO) und übernimmt Werk- und Objektsschutz. Im Rahmen ihrer Tätigkeit übernahm sie die Sicherung- und Überwachung von Flutschutztoren. Die Klägerin zeigte dem Makler am 10.11.2016 an, dass sie neue Überwachungsverträge annehmen wollte und benannte hierbei ausdrücklich den Tätigkeitsschwerpunkt im Flutschutz. Für diesen Bereich gab es jedoch im aktuellen Versicherungskonzept der Betriebshaftpflichtversicherung einen Ausschluss. Dieser Ausschluss war dem beklagten Versicherungsmakler auch bekannt, denn es wurde bereits ein Wechsel zu einer anderen Betriebshaftpflichtversicherung angedacht, bei welcher ein solcher Ausschluss nicht bestand.
Am 27.12.2016 kam es zu einem ca. 5 Mio. Euro Schaden bei den Kunden der Klägerin, und zwar aufgrund eines Hochwassers. Der Risikoversicherer der Klägerin wies eine Deckung ab, weil Flutschäden nicht versichert waren. Dass dies Deckungsablehnung gerechtfertigt war, bestätigte sogar der BGH. Denn es wurde zunächst versucht über die eigene Betriebshaftpflichtversicherung eine Deckung zu erlangen, da die Klägerin von Ihren Kunden auf etwa 5 Millionen Euro Schadensersatz in Anspruch genommen wurde.
Die Klägerin verklagte den Versicherungsmakler sodann, weil dieser nach ihren Aussagen nicht ausreichend für Versicherungsschutz gesorgt hat. Der Beklagte wendete ein, dass aufgrund der Tätigkeit der Klägerin nicht automatisch das Risiko des Flutschutzes mitzuversichern wäre, dies sei lebensfremd und unwirtschaftlich. Zudem beruft sich der beklagte Makler hilfsweise auf eine Begrenzung der Haftung aufgrund folgender Klausel im Maklervertrag:
„§ 8 Haftung
…
Das LG Hamburg gab der Klägerin jedoch Recht und verurteilte den Versicherungsmakler zum Ersatz des ca. 5 Mio. Euro Schaden.
Streitwesentlich war die Frage, ob der Makler seine Beratungspflicht gegenüber dem Kunden verletzt hat. Der Makler muss den Kunden mit einem an das Risiko angepassten Versicherungsschutz versorgen, von sich aus das Risiko fortlaufend untersuchen und ungefragt über Anpassungsbedarf zu unterrichten (vgl. BGH vom 22.05.1985 (Az.: IVa ZR 190/83). Das LG Hamburg musste untersuchen, ob diese Pflicht verletzt wurde, indem das Risiko „Flutschutz“ nicht versichert wurde. Das Versicherungsangebot des Versicherers enthielt jedoch die Möglichkeit dieses Risiko zu versichern.
Der Makler könnte also seine Verpflichtung zur hinreichenden Risikoanalyse verletzt haben. Die Klägerin unterhielt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits acht Überwachungsverträge und war somit erkennbar in diesem Bereich tätig. Ob diese Pflicht verletzt wurde, war im Ergebnis nicht wichtig, denn der Beklagte hätte dies Deckungslücke spätestens am 10.11.2016 aufgrund der Anzeige der Aufnahme einer Überwachungstätigkeit im Flutschutz erkennen müssen. Den Makler trifft eine Überwachungspflicht, er muss dann tätig werden, wenn er über Veränderungen wie die Aufnahme neuer Risiken durch den Versicherungsnehmer in Kenntnis gesetzt wird.
Den Beweis, dass der Makler seiner Beratungspflicht nachgekommen ist, muss der Makler selbst erbringen. Der Beklagte konnte jedoch nicht beweisen, dass er keinen Anlass zur Beratung nach den erhaltenen Informationen über die Tätigkeit im Flutschutz gehabt hätte. Dem Makler muss die Möglichkeit zur Versicherung dieses Risikos in den Versicherungsbedingungen bekannt sein. Spätestens nachdem er Kenntnis über den neuen Überwachungsvertrag erlangt hatte, war der Makler in der Pflicht, passenden Versicherungsschutz zu besorgen.
Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow vertritt ihre Mandanten bundesweit vor Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.
Wenn der Makler seiner Pflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht nachkommt, dann sieht er sich einer privaten Haftung ausgesetzt. Die Haftung vollzieht sich nach dem Grundsatz der Quasideckung: Der Versicherungsnehmer ist so zu stellen, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten. Wenn das Risiko adäquat versichert worden wäre, dann hätte die Versicherung den Schaden in Höhe von 5. Mio. EUR übernommen. Somit muss der Makler für diese Summe aufkommen.
Die verbleibende Frage war nun noch, ob die Haftungsbegrenzung aus dem Maklervertrag wirksam war um die Haftung des Versicherungsmaklers zu begrenzen.
Die Haftungsbegrenzung aus § 8 des Maklervertrages hielt jedoch einer gerichtlichen Überprüfung im Rahmen einer AGB-Kontrolle nicht stand, denn die Klausel widerspricht dem Klauselverbot des §§ 309 Nr. 7 lit. b), 310 BGB und ist damit unwirksam. Die Klausel wird damit in Gänze „aus dem Versicherungsmaklervertrag“ gestrichen. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers kann eine Haftung für grob fahrlässige Pflichtverletzungen nicht beschränkt werden:
„Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;“
Aus diesem Grund galt vorliegend auch die Haftungsbeschränkung aus dem Maklervertrag nicht.
Für Versicherungsmakler stellt sich im Worstcase immer die Frage der eigenen Haftung. Es wird jedoch erst im Problemfall rechtlich überprüft, ob der Makler bei Vertragsschluss und während des Maklerverhältnisses seine Maklerpflichten hinreichend erfüllt hat. Auf Signale des Kunden ist stets einzugehen, der Makler muss auf mögliche Haftungsrisiken des Versicherungsnehmers reagieren und adäquaten Versicherungsschutz anbieten. Wird von dem Kunden ein Beratungsanlass gesetzt, so muss der Versicherungsmakler reagieren und im Zweifel entsprechenden Versicherungsschutz anbieten. Anderenfalls sollte der Versicherungsmakler zwingend den Kundenwunsch dokumentieren, sollte der Kunde dem Rat des Vermittlers nicht folgen. Nur so könnte sich der Vermittler im Zweifel ausreichend exkulpieren.
Hinweis: Gegen das Urteil des LG Hamburg wurde Rechtsmittel eingelegt. Die Berufung ist beim OLG Hamburg zum Az. 6 U 82/20 anhängig.
Nachfolgend ist ein Leitartikel zum Thema Maklerhaftung zu finden, in welchem stets aktuelle Verfahren, Urteile und Rechtsstreitigkeiten zusammengefasst werden: Die Haftung des Versicherungsmaklers.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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