Schadensersatz der Anlegerin bei einer Beratungspflichtverletzung gegenüber dem Ehemann (BGH)

Der BGH hat mit Urteil vom 05.09.2019 (Az.: III ZR 73/18) darüber entschieden, ob eine Anlegerin einen Schadensersatzanspruch hat, wenn es lediglich gegenüber dem Ehemann zu einer Beratung kommt.

Sachverhalt

Eine Anlegerin zeichnete eine geschlossene Beteiligung. Der Zeichnung vorangegangen war ein Beratungsgespräch zwischen dem Ehemann der Anlegerin und einem Kreditinstitut. Am selben Tag, an dem das Beratungsgespräch mit dem Ehemann und eine Übergabe eines Prospektes an ihn erfolgte, unterzeichnete die Ehefrau eine entsprechende Beitrittserklärung und ein Beratungsdokument.

Allerdings entwickelte sich die Anlage nicht erwartungsgemäß, woraufhin die Anlegerin Schadensersatzansprüche gegen das Kreditinstitut geltend machte. Diese Ansprüche begründet sie mit der Behauptung einer fehlerhaften Anlageberatung bzw. genauer einer mangelhaften Risikoaufklärung. Insbesondere rügte sie, ihr sei das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nicht aufgezeigt worden. Entscheidungserheblich ist dabei, ob die Beratung gegenüber dem Ehemann ausreichend oder in einer pflichtverletzenden Form erfolgte.

Entscheidung

Der BGH hat entschieden, dass der Anlegerin ein Schadensersatzanspruch aufgrund einer fehlerhaften Anlageberatung gegenüber ihrem Ehemann zusteht. Eine erforderliche Aufklärung über die Risiken einer Beteiligung erfolgte nicht, wodurch es zu einer Pflichtverletzung im Rahmen der Anlageberatung gekommen ist.

Der Anlageberater schuldet eine anleger- und objektgerechte Beratung. Er hat den Kunden rechtzeitig, richtig und sorgfältig sowie verständlich und vollständig zu beraten. In Bezug auf das Anlageobjekt muss der Anlageberater den Interessenten insbesondere über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Der Umfang der Belehrungspflicht richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls und hängt dabei vom Wissensstand und der Risikobereitschaft des Anlegers, sowie den allgemeinen und besonderen Risiken, die sich aus den Eigenheiten des Anlageobjekts ergeben, ab.

Eine ordnungsgemäße Aufklärung kann nicht nur mündlich, sondern auch durch Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (vgl. auch Zur Rechtzeitigkeit der Übergabe des Verkaufsprospektes). Zwar enthält der an den Ehemann ausgehändigte Prospekt eine inhaltlich zutreffende Aufklärung, allerdings erfolgte vorliegend eine Aushändigung zu spät. Zudem war auch im Beratungsgespräch kein gesonderter Hinweis erfolgt.

Noch klärungsbedürftig war allerdings, ob die Anlegerin in Form eines Vertretergeschäft Partei des von ihrem Ehemann geschlossenen Anlageberatungsvertrages ist oder sie in den Schutzbereich, eines zwischen dem Ehemann und dem Kreditinstitut geschlossenen Vertrages einbezogen wurde.

Fazit

Die Entscheidung zeigt, dass auch Dritte, die nicht an der eigentlichen Beratung teilhaben, in den Schutzbereich der Beraterhaftung fallen können. Für den Bereich des Versicherungsmaklerrechts entschied das OLG Brandenburg ähnlich (siehe OLG Brandenburg: Versicherungsmaklervertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Ehefrau).Weitere Informationen zum Thema Anlageberatungshaftung finden Sie unter Bank- und Kapitalmarktrecht.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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Rechtsanwalt Jens Reichow

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