Einschätzung der BaFin zum Provisionsabgabeverbot des § 48b VAG (Merkblatt vom 17.07.2018)

Das Provisionsabgabeverbot beschäftigt die Rechtsprechung aktueller denn je. Der rechtliche Gewährleistungsgehalt des § 48b VAG ist noch nicht völlig klar abgesteckt, so dass die Norm durchaus streitträchtig sein kann. Insbesondere birgt das Verbot für Versicherungsvermittler ein Haftungsrisiko, schließlich sind unzulässige Verstöße gegen eine Marktverhaltensregelung wettbewerbswidrig (siehe OLG Frankfurt a.M., 27.05.2021 – Az.: 6 U 81/20). Die Regelung selbst erkennt aber Ausnahmen an, so dass unter gewissen Umständen eine Provisionsabgabe doch möglich ist. Aufgrund der Eigenarten und der rechtlichen Relevanz ist es wichtig, die Wertungen der Finanzaufsicht zu kennen.

Erstmals gab die BaFin am 17.07.2018 ein Rundschreiben 11/2018 zur Zusammenarbeit mit Versicherungsvermittlern sowie zum Risikomanagement im Vertrieb heraus, der einen Leitfaden zur rechtlichen Handhabung darstellen sollte.

Die darin enthaltenen Auslegungshinweise wurden anschließend in einem weiteren Merkblatt am 21.10.2020 (BaFin 2020) zusammengefasst. Die Erwägungen der BaFin aus dem Rundschreiben 11/2018 sind somit darin aufgegangen.

Einschätzung der BaFin mittels Rundschreiben vom 17.07.2018

Die BaFin ermittelte im Wege ihrer Auslegungshinweise welchem Zweck das Provisionsabgabeverbot des § 48b VAG dienen soll. Der Sinn und Zweck einer Norm ist für die juristische Auslegung eines Gesetzes dann heranzuziehen, wenn der Wortlaut nicht eindeutig ist oder eindeutig zu unbilligen Ergebnissen führt. Nach der BaFin soll die Norm verhindern, dass durch Sondervergütungen, der Versicherungsnehmer zu vorschnellen Abschlüssen von Versicherungsverträgen bewegt wird. Die Versicherungsvermittler dürfen deshalb nicht ihre Provisionen vollständig oder teilweise an ihre Kunden weitergeben.

Wie die Rechtsprechung erkennen lässt (siehe Frankfurt a.M., 05.11.2020 – Az. 7 K 2581/17.F), ist nicht immer ohne weiteres zu beurteilen, welches Verhalten hiervon erfasst ist und welches ausnahmsweise erlaubt ist.

Der erste Ausnahmetatbestand ist die Geringwertigkeitsklausel in § 48b Abs. 2 VAG. Im Zeitpunkt des Rundschreibens vom 17.07.2018 gab es zu dieser Ausnahme noch keine Einschätzung oder Rechtsprechung.

Die zweite Ausnahme ist der Ausnahmefall der dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung im Sinne des § 48b Abs. 4 S. 1 VAG. Bereits 2018 schätzte die BaFin die Möglichkeit zur ausnahmsweisen Prämienreduzierung derart ein, dass die Vorteile des Versicherungsnehmers direkt im Versicherungsvertrag zu vereinbaren sind. Es ist notwendigerweise eine Vertragsänderung des Versicherungsverhältnisses zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer erforderlich. Ebenso sind Bestandskundenrabatte nur realisierbar, wenn aufgrund eines Vertragsabschlusses ein bestehender Versicherungsvertrag positiv geändert wird. Hieraus lässt sich erkennen, dass die Vertragsänderung des Versicherungsvertrags notwendiger Tatbestand der Ausnahme des § 48b Abs. 4 S. 1 VAG ist. Dieser Einschätzung ist die BaFin in ihrem Merkblatt vom 21.10.2020 treu geblieben (siehe: Merkblatt der BaFin zur Auslegung des Sondervergütungsverbotes vom 21.10.2020).

Fazit und Hinweise für Versicherungsvermittler zu § 48b VAG

Die BaFin als zuständiger Aufsichtsträger der Versicherungswirtschaft hat sich früh mit der Ausnahme vom Provisionsabgabeverbot beschäftigt. Bereits in ihrer Ersteinschätzung im Jahr 2018 hat die BaFin die Ausnahmeregelung derart bewertet, dass eine Sondervergütung nur durch eine Vertragsänderung des Versicherungsvertrags zulässig zu bewirken ist.

Das Provisionsabgabeverbot, bzw. das Verbot Sondervergütungen zu gewähren, ist von aktueller Brisanz denn je. Denn für Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittler ist es wichtig, dass der Wettbewerb untereinander geschützt bleibt und es nicht zu Verbotshandlungen durch Konkurrenten kommt. Verstöße gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und die Gewerbeordnung (GewO), letztlich damit auch gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), werden kostenpflichtig geahndet. Aus diesem Grund ist es wichtig sich mit den genauen Verbotsnormen zu beschäftigen, um gerade nicht gegen das Provisionsabgabeverbot, bzw. das Verbot Sondervergütungen zu gewähren, zu verstoßen.

Weitere Artikel zu diesem Themenbereich können hier nachgelesen werden: PROVISIONSABGABEVERBOT.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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