Berücksichtigung von übernommenen Bestandsverträgen beim Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters (OLG Köln)

Das OLG Köln hat mit Urteil vom 15.01.2016 (Az.: 19 U 86/15) darüber entschieden, wie sich der Ausgleichsanspruch bei vom Versicherungsvertreter übernommene Bestandsverträgen berechnet.

Sachverhalt

Ein Versicherungsvertreter war zunächst als Angestellter für einen Versicherer tätig. Sodann wurde jedoch nach einiger Zeit im Jahr 2003 ein Handelsvertretervertrag geschlossen. Nach Beendigung des Handelsvertretervertrages im Jahr 2013 machte der Versicherungsvertreter Ausgleichsansprüche aus dem Handelsvertretervertrag geltend. Dabei war vor dem OLG Köln insbesondere streitig, ob bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs die zu Beginn der Versicherungsvertretertätigkeit, übernommenen Bestandsverträge zu berücksichtigen sind. Der Versicherungsvertreter behauptet, diese übertragenen Verträge bestünden nicht mehr. Der Versicherer behauptet hingegen, die übertragenen Bestandsverträge seien zu einem gewissen Teil noch vorhanden. Die Voraussetzungen für das Bestehen eines Ausgleichsanspruchs dem Grunde nach und die übrigen Berechnungsparameter der Höhe nach waren nicht streitig.

Entscheidung

Das OLG Köln entschied, dass auch übernommene Bestandsverträge bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs berücksichtigt werden können.

Entsprechend der Regelung des § 89b HGB kommt es bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs darauf an, dass der Versicherungsvertreter neue Versicherungsverträge, sei es auch an Altkunden, vermittelt hat und dem Versicherer nach Ende des Handelsvertreterverhältnisses daraus erhebliche Vorteile erwachsen. Einer solchen Vermittlung steht es gleich, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, dass dieser wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Vertrages entspricht. In Bezug auf übertragene Bestandsverträge wird angenommen, dass diese dem Versicherungsvertreter allmählich zuwachsen, was wiederrum bei der Ausgleichshöhe zu berücksichtigen ist.

Das OLG Köln stellt klar, dass keine Gründe ersichtlich seien, warum ein nicht mehr vorhandener, allerdings ursprünglich übertragener Bestand zu Abzügen beim Ausgleichsanspruch führen soll. Es kommt lediglich darauf an, in welchem Umfang die übertragenen Bestände zum Stichtag noch vorhanden sind. Soweit der Versicherer behauptet, übertragene Versicherungsverträge bestünden noch, so unterliegt er bzgl. deren Bestehens einer sekundären Darlegungslast. Dieser Darlegungslast ist der Versicherer in dem vom OLG Köln zu entscheidenden Fall nicht nachgekommen. Das Gericht sprach dem Versicherungsvertreter daher den vollen Ausgleichsanspruch zu.

Fazit

Das Urteil des OLG Köln ist aus Sicht der Versicherungsvertreter zu begrüßen. Will der Versicherer den Ausgleichsanspruch wegen erfolgter Bestandsübertragungen kürzen, so muss er nachweisen, dass sich in dem für die Berechnung des Ausgleichsanspruches maßgeblichen Zeitraum (regelmäßig die letzten 5 Jahre vor Beendigung des Handelsvertretervertrages) noch übertragende Versicherungsverträge im Bestand des Versicherungsvertreters befunden haben. Zu beachten ist aber auch, dass die „Grundsätze zur Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruches“ durchaus auch für derlei Fallkonstellationen Regelungen sehen. Versicherungsvertreter sollten also abwägen, auf welcher Grundlage sie Ausgleichsansprüche einfordern.

Gerne steht hierfür auch die im Handelsvertreterrecht und Vertriebsrecht tätige Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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