Verbraucherzentrale weist CHECK24 in seine Schranken (LG Frankfurt / M)

Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 06.05.2021 über die sogenannten „Maklerpflichten“ geurteilt (Az. 2-03 O 347/19). Beklagt in diesem Verfahren war kein anderer Versicherungsmakler als CHECK24. Der Online-Makler CHECK24 füllt damit seine Liste an gerichtlichen Entscheidungen, wie so häufig jedoch auf der unterliegenden Seite. Wieder ging es um die Pflichten als Versicherungsmakler, dieses Mal im Kern um § 60 VVG. Wieder hat CHECK24 Maklerpflichten nicht gesetzeskonform umgesetzt. Wieder einmal wurde CHECK24 wettbewerbsrechtlich abgemahnt und vor den Kadi gezogen.

Ist check24 nur ein Vergleichsportal? Oder auch ein Versicherungsmakler?

Bekanntermaßen ist CHECK24 ein sogenanntes Vergleichsportal für – unter anderem – Versicherungen. Da CHECK24 die dargebotenen Versicherungen jedoch auch selbst vermittelt, ist CHECK24 nicht nur der Portalbetreiber und Verantwortlicher für die Inhalte der Webseite an sich. CHECK24 ist ebenso Versicherungsmakler im Sinne des § 59 Abs.1 Satz 1, Abs. 3 VVG. Demgemäß hat CHECK24 als sogenannter „Internetmakler“ dieselben gesetzlichen Pflichten als Versicherungsmakler einzuhalten, wie andere Vermittler auch. Hierzu zählen nicht nur die Pflichtinformationen – wie zum Beispiel die Vorlage der Erstinformationen – nach der Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV), sondern auch die Pflichten nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Und um genau diese Pflichten nach dem VVG geht es in dem Rechtstreit vor dem LG Frankfurt am Main.

Was war Gegenstand dieser Rechtsstreitigkeit?

Gegenstand dieser Rechtsstreitigkeit zwischen der Verbraucherzentrale und CHECK24 war die Information des Online-Maklers über die in den Versicherungsvergleich einbezogenen Versicherungsgesellschaften auf der Seite www.check24.de/haftpflicht. Der Nutzer konnte zum Zeitpunkt der Abmahnung des Verbraucherschutzverbandes beim „Vergleichen“ über ein Hinweissymbol „i“ beim Mouse-Over Informationen über ein sich öffnendes Textfeld erhalten, dabei eine Auflistung der teilnehmenden und nicht teilnehmenden Versicherer.

Der Nutzer konnte so dann nach Eingabe weiterer Daten bezüglich des Versicherungsschutzes, nach Eingabe der persönlichen Daten sowie insbesondere nach aktiver Bestätigung des Downloads sämtlicher Vertragsinformationen, die im Nachgang dann auch nochmals per E-Mail dem Kunden übersendet werden, einen Versicherungsantrag stellen, den die Beklagte dann an den jeweiligen Versicherer weiterleitet.

Diejenigen Versicherungsgesellschaften‚ welche mit der Beklagten keine entsprechende Provisionsvereinbarung abgeschlossen haben, nehmen an dem automatisierten Vergleich nicht teil und werden den Nutzern im Rahmen des Vergleichs nicht angezeigt. Zu den nicht teilnehmenden Versicherungen, die Privathaftpflichtversicherungen anbieten, zählen beispielsweise Versicherungsgesellschaften wie die Allianz, HUK-Coburg, CosmosDirekt, Continentale, ERGO Direkt und Nürnberger.

Um welche Maklerpflichten geht in dem Rechtsstreit konkret?

Zunächst ist der genaue Gesetzeswortlaut des § 60 VVG, nämlich die „Beratungsgrundlage“ des Versicherungsvermittlers zu untersuchen:

  1. Der Versicherungsmakler ist verpflichtet, seinem Rat eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zu Grunde zu legen, so dass er nach fachlichen Kriterien eine Empfehlung dahin abgeben kann, welcher Versicherungsvertrag geeignet ist, die Bedürfnisse des Versicherungsnehmers zu erfüllen. Dies gilt nicht, soweit er im Einzelfall vor Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers diesen ausdrücklich auf eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl hinweist.
  2. Der Versicherungsmakler, der nach Absatz 1 Satz 2 auf eine eingeschränkte Auswahl hinweist, und der Versicherungsvertreter haben dem Versicherungsnehmer mitzuteilen, auf welcher Markt- und Informationsgrundlage sie ihre Leistung erbringen, und die Namen der ihrem Rat zu Grunde gelegten Versicherer anzugeben. Der Versicherungsvertreter hat außerdem mitzuteilen, für welche Versicherer er seine Tätigkeit ausübt und ob er für diese ausschließlich tätig ist.
  3. Der Versicherungsnehmer kann auf die Mitteilungen und Angaben nach Absatz 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten.

Bei den Vorgaben aus § 60 VVG handelt es sich im Übrigen um Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG. Denn diese Vorschrift regelt das Marktverhalten der Versicherungsmakler im Interesse der Marktteilnehmer. § 60 Abs. 1 WG legt die Beratungsgrundlage des Versicherungsmaklers fest und regelt, welche Pflichten der Makler gegenüber seinen Kunden zu erfüllen hat. § 60 Abs. 2 VVG verpflichtet den Versicherungsmakler bei einer Einschränkung seiner Versicherer- und Vertragsauswahl zu weitergehenden Informationspflichten.

Rechtsanwalt für Berufsunfähigkeitsversicherung

„Wenn wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen Versicherungsvermittler geltend gemacht werden, ist absolute Eile geboten. Unverzüglich sollte die Rechtmäßigkeit einer Abmahnung überprüft und eine Verteidigungsstrategie erarbeitet werden.“

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Wie urteilte das Landgericht Frankfurt / Main

Das Gericht folgte der Rechtsauffassung der Verbraucherzentrale und verurteilte CHECK24 zur Unterlassung und Übernahme der Abmahnkosten. CHECK24 habe gegen § 60 Abs. 1 S. 2 VVG verstoßen, indem die Verbraucher nicht ausdrücklich auf eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl hingewiesen wurden (Unlauterkeit nach § 3a UWG i.V.m. § 60 Abs. 1 S. 2 VVG). Ferner habe CHECK24 gegen § 60 Abs. 2 S. 1 VVG verstoßen, indem Versicherungsnehmern keine Informationen über die Markt- und lnformationsgrundlage gegeben wurde (Unlauterkeit nach § 3a UWG i.V.m. § 60 Abs. 2 s. 1 VVG.

CHECK24 berücksichtige in ihrem angebotenen Vergleich lediglich 104 Basistarife für Privat-Haftpflichtversicherungen, die von 38 Versicherern angeboten werden. Weitere auf dem Markt befindliche 51 Anbieter, darunter auch namhafte Vertreter wie etwa die Allianz, HUK-Coburg, CosmosDirekt, Continentale, ERGO Direkt und Nürnberger bezog CHECK24 nach eigenen Angaben nicht in ihre Marktanalyse mit ein.

Direktversicherungen müssen berücksichtigt werden

Nach Ansicht des Gerichts kann CHECK24 jene Versicherungen nicht aus ihrem Vergleich ausklammern, ohne den Kunden darüber informiert zu haben gemäß § 61 Abs. 1 S. 2 VVG. Denn der Versicherungsmakler muss grundsätzlich sämtliche Versicherer, bei denen das Risiko des Versicherungsnehmers untergebracht werden kann, in seine Analyse mit einbeziehen. Dazu gehören auch Direktversicherer oder solche, die nicht mit Maklern zusammenarbeiten.

Will der Makler bestimmte Versicherer oder Gruppen von Versicherern, zum Beispiel solche ausschließen, von denen er keine Courtagezahlung erhalten kann, muss er seine Beratungsgrundlage nach § 60 Abs. 1 S. 2 VVG entsprechend reduzieren und dies dem Versicherungsnehmer mitteilen. Dies gilt auch für lnternetmakler. Denn ein Versicherungsinteressent wird bei Nutzung der Website in aller Regel eine tendenziell vollständige Einbeziehung der auf dem Markt befindlichen Produkte erwarten, so das Gericht.

Individuelle und ausgewogene Marktuntersuchung geschuldet

Im vorliegenden Fall erfüllt die nach ihrer eigenen Auflistung lückenhafte Marktabdeckung die Voraussetzungen der genannten Vorschrift nicht, weil eine individuelle und ausgewogene Marktuntersuchung und Abwägung der Angebote auf dieser Grundlage nicht möglich ist. CHECK24 hat nur 38 von insgesamt 89 Versicherer und dabei nicht einmal die Hälfte (42,7 %) aller auf dem Markt befindlichen Versicherer in ihren Vergleich mit einbezogen.

Ausdrücklicher Hinweis auf eingeschränkte Auswahl geschuldet

Die Beklagte weist auch nicht gemäß § 60 Abs. 1 S. 2 VVG ausdrücklich auf diese eingeschränkte Beratungsgrundlage hin. Der Makler muss den Versicherungsnehmer ausdrücklich auf eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl hinweisen. Der ausdrückliche Hinweis auf eine eingeschränkte Beratungsgrundlage muss vor Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers erfolgen. Er ist nicht formgebunden, bedarf aber, wie das Merkmal der „Ausdrücklichkeit“ zeigt, der deutlichen Hervorhebung dem Versicherungsnehmer gegenüber.

Hinweis an „versteckter Stelle“ nicht ausreichend!

Nicht ausreichend ist es, wenn sich eine Einschränkung der Beratungsgrundlage lediglich aus den Umständen erschließt. Da eine Beschränkung der Beratungsgrundlage nur „im Einzelfall“ erfolgen darf, ist jedenfalls eine Beschränkung durch Hinweis in einer für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Erklärung unwirksam. Es bedarf vielmehr eines individuellen Hinweises des Versicherungsmaklers an den Versicherungsnehmer. Diese Anforderung an einen expliziten Hinweis erfüllt CHECK24 jedenfalls nicht, so das Gericht. CHECK24 weise lediglich an versteckter Stelle auf ihre eingeschränkte Marktanalyse hin. Der Kunde gelangt erst über Umwege und nach gezielter Suche zu der relevanten Information, nachdem er über das „i“—Zeichen mit der Maus gefahren ist, dann den „hier“-Link anklickt und das dahinterstehende Pop-Up-Fenster gelesen und durch die lange Liste scrollt. Von einem ausdrücklichen Hinweis könne in einer solchen Konstellation ersichtlich keine Rede mehr sein, so das Gericht.

Informationen zu Markt- und Informationsgrundlage geschuldet

Damit der Versicherungsnehmer die fachliche Kompetenz und die lnteressengebundenheit von Vermittlern zumindest ansatzweise beurteilen kann, müssen diese in unterschiedlichem Maße über Status und Beratungsgrundlage informieren. Ein Vermittler muss darlegen, welche

Versicherungsprodukte er in Betracht gezogen und auf welche Weise er sich die nötigen Informationen verschafft hat, und zwar bevor der Versicherungsnehmer seine Vertragserklärung abgibt. Hierbei sind jedenfalls die Namen der Versicherer anzugeben, die in die Analyse einbezogen wurden. Diese Verpflichtungen gehen über die von § 15 Abs. 1 VersVermV geforderten Angaben hinaus.

CHECK24 hat damit gegen § 60 Abs. 2 S. 1 VVG verstoßen, indem Versicherungsnehmern gerade keine Informationen über die Markt— und lnformationsgrundlage geben wurde.

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Fazit Auswirkungen für die Vermittlerpraxis

Das Urteil überzeugt vollends. Die Pflichten als Versicherungsmakler gehen bekanntermaßen sehr weit. Auch unter Verbraucherschutzaspekten darf von einem Online-Makler mit der Marktgröße von CHECK24 erwartet werden, vor Vertragsschluss und vollständig auf diejenigen Versicherungen hinzuweisen, die der Kunde abschließen kann, bzw. gerade nicht abschließen kann. Dieses bezieht sich auch auf die entsprechende Marktanalyse. Dass es sich bei diesen Pflichten nach § 60 VVG um keine „Holschuld“ des Verbrauchers handelt, dürfte sich von selbst erschließen.

Auch dieser Rechtsstreit gehört zu den zahlreichen Streitigkeiten, die das Vergleichsportal und Onlinemakler CHECK24 geführt hat bzw. führt. CHECK24 hatte in der Vergangenheit bereits vor dem OLG München verloren. Es ging dabei um die Pflichtinformationen des Versicherungsmakler, die CHECK24 nicht gesetzeskonform umgesetzt hatte (siehe: CHECK24 und die Erstinformationen). Auch unterlag CHECK24 vor dem OLG Köln hinsichtlich irreführender Werbemaßnahmen (siehe: CHECK24 und die „Nirgendwo Günstiger Garantie). Ebenso unterlag CHECK24 vor dem LG München I aufgrund unzulässiger Werbung mit „Gratismonaten“. Das Gericht sah einen Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot für erwiesen an (siehe: CHECK24 und die „Jubiläumsdeals“). Erfahrungsgemäß ist auch weiterhin mit einigen Rechtsstreitigkeiten in Verbindung mit CHECK24 zu rechnen.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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