Versicherungsschutz für Wasseraustritt aus einem Drainagerohr? (OLG Nürnberg)

Am 03.02.2021 urteilte das OLG Nürnberg (Az.: 8 U 3471/20) zu dem fehlenden Versicherungsfall beim rückstaubedingten Leitungswasseraustritt aus einem Drainagerohr.

Wasseraustritt aus einem Drainagerohr

Der klagende Versicherungsnehmer macht Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung bei der beklagten Versicherung geltend. Grundlage des Versicherungsvertrages sind die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 2008).

Am 17.09.2016 kam es zum Schadensfall, denn das Abwasserrohr war außerhalb des versicherten Gebäudes gebrochen und verstopft. Dies führte zu einem Rückstau von Abwasser, der auch die an die Abwasserleitung angeschlossene Drainageleitung beschädigte. Aus der Drainage austretendes Wasser sickerte in das Gebäude und verursachte Schäden im Kellerbereich. Der Schaden belief sich auf 48.556,38 €.

Das Landgericht gab vorinstanzlich der Klage im Umfang von 2.177,38 € statt. Die Begründung war, dass das Wasser nicht aus einem der Wasserversorgung dienenden Zuleitungsrohr oder Ableitungsrohr ausgetreten sei. Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung Berufung ein und verlangte von der Versicherung den Restbetrag in Höhe von 45.879,00 €.

Die rechtliche Würdigung des OLG Nürnberg

Das OLG beschäftigte sich mit der rechtlichen Würdigung des streitgegenständlichen Versicherungsfalles. Dieser ist laut den VGB 2008 das „Leitungswasser“, daneben als eigenständiger Versicherungsfall sind „Bruchschäden an Rohren“ versichert. Ein Leitungswasserschaden ist nach dem Wortlaut der Bedingung Ziff. 6.1 VGB 2008, wenn: „Wasser aus Zu- und Ableitungsrohren der Wasserversorgung oder mit dem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen der Wasserversorgung bestimmungswidrig ausgetreten ist.“

Das Wasser trat hier aus einer Drainage aus, die im Außenbereich um das Gebäude herum verlegt wurde und an das vom Haus wegführende Abwasserrohr angeschlossen war. Vorliegend würdigte das OLG den Sachverhalt so, dass der Zweck dieser Einrichtung ausschließlich der Entwässerung des Bodens dient, es soll Schicht- und Niederschlagswasser abführen. Es genügt nicht, dass eine „sonstige Einrichtung“ mit dem Rohrsystem verbunden ist, sondern diese muss selbst der Wasserversorgung dienen. Eine Auslegung der Klausel wurde vorgenommen, um zu klären, ob der Rückstau als Ursache ausreicht. Es wird gefragt, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung des Sinnzusammenhangs die Bedingung verstehen muss. Auch wenn der Rückstau in einem zur Wasserversorgung dienenden Rohr eingetreten ist, so fehlt es an einer versicherten Gefahr, wenn dadurch der Austritt an einem Rohr außerhalb der Wasserversorgung eintritt. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer muss erkennen, dass nicht jedweder bestimmungswidrige Austritt versichert ist.

Das OLG lehnte eine Deckung wegen der Rohrbruchversicherung ab. Diese soll die Eintrittspflicht an „Bruchschäden an Rohren“ knüpfen. Somit wird ein Versicherungsnehmer verstehen müssen, dass nur die Kosten der Rohrbruchbeseitigung und nicht Folgeschäden durch Leitungswasser versichert sind. Die Rohrbruchversicherung umfasst nur die Kosten der Reparatur sowie den Austausch des Rohres.

Fazit und Hinweis für die Praxis

In der Versicherungspraxis ist die konkrete Ursache des Wasserschadens maßgeblich dafür, ob der Versicherungsschutz tatsächlich eingreift. Sollte ein Wasserschaden eingetreten sein, ist die Würdigung der einzelfallabhängigen Umstände unerlässlich. Es sollte damit ein Fachanwalt für Versicherungsrecht mit der Klärung betraut werden. Weitere Informationen und Rechtsprechungen haben wir für Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Gebäudeversicherung“ zusammengefasst.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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