Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG): Auch Versicherungsvertreter können in Bedrängnis geraten

Das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) dient dem Schutz vertraulichen Know-Hows und soll zudem vor dem rechtswidrigen Erwerb sowie der rechtswidrigen Nutzung und Offenlegung von vertraulichen Geschäftsinforationen schützen. Auch Versicherungsvertreter geraten immer wieder in Konflikt mit den Regelungen des Geschäftsgeheimnisgesetzes. Im nachfolgenden Artikel werden die wichtigsten Regelungen des Geschäftsgeheimnisgesetz kurz dargestellt und ihre Bedeutung für Versicherungsvertreter erläutert.

Was ist ein Geschäftsgeheimnis?

Nach der Legaldefinition gem. § 2 Nr. 1 GeschGehG ist ein Geschäftsgeheimnis „eine Information die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht“. Mit anderen Worten handelt es sich bei Geschäftsgeheimnissen um Informationen die einen wirtschaftlichen Wert besitzen, weil sie nicht allgemein bekannt sind.

Für Versicherungsvertreter ist in Bezug auf den Begriff des Geschäftsgeheimnisses besonders relevant, ob es sich bei Kundendaten um Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 2 GeschGehG handelt. Das ist zwar Einzelfall abhängig, jedoch werden die zuvor genannten Voraussetzungen regelmäßig von Kundendaten erfüllt wodurch es sich um Informationen im Sinne des Geschäftsgeheimnisgesetzes handelt (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2020 Az.: 12 SaGa 04/20 S. 24 ff.).

Von Bedeutung ist daher oftmals, ob die betroffenen Kundendaten auch unter angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen des Versicherers bzw. der Vertriebsgesellschaft standen. In Betracht kommen dafür natürlich bestimmte Zugangsbeschränkungen zur EDV des Versicherers bzw. der Vertriebsgesellschaft.

Welche Handlungsverbote bestehen nach dem GeschGehG?

Die Handlungsverbote nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz sind in § 4 GeschGehG niedergelegt. Demnach ist es untersagt Geschäftsgeheimnisse durch bestimmte Handlungen zu erlangen (Abs. 1) oder diese zu nutzen oder offenzulegen (Abs. 2). Zudem ist der Erwerb, die Offenlegung oder Nutzung durch Dritte (Abs. 3 S. 1) untersagt.

Häufig kommt es kurz vor der Beendigung eines Handelsvertretervertrages dazu, dass Kundendaten gespeichert werden, um diese zu einem späteren Zeitpunkt wieder für eine Konkurrenztätigkeit zu verwenden. Durch das unbefugte Abspeichern der Daten kann der Versicherungsvertreter gegen das Handlungsverbot der Erlangung § 4 Abs. 1 Nr. 1 GeschGehG und durch die spätere Verwendung und möglicherweise die Abwerbung der Kunden gegen das Handlungsverbot der Verwendung gem. § 4 Abs. 2 Nr. 1 GeschGehG verstoßen.

Allerdings erlaubt das Geschäftsgeheimnisgesetz auch in bestimmten Fällen die Erlangung, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen. In § 3 GeschGehG sind hierzu bestimmte Handlungen erlaubt. Demnach werden unteranderen Geschäftsgeheinisse nicht unzulässig erlangt, wenn sie eigenständig Entdeckt oder Geschöpft werden. Für Versicherungsvertreter praktisch relevant ist dabei aber vor Allem die Regelung des § 3 Abs.2 GeschGehG, wonach eine Erlangung, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen erlaubt ist, wenn „dies durch Gesetz, aufgrund eines Gesetzes oder durch Rechtsgeschäft gestattet ist.“ Hierzu enthält § 90 HGB eine Regelung, welche Versicherungsvertreter begünstigt. Gerade die Nutzung von im Gedächtnis des Versicherungsvertreters gebliebenen Daten zu nachvertraglichen Wettbewerbszwecken kann danach zulässig sein (vgl. BGH: Verwendung von selbst akquirierten Kundendaten nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages).

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Welche Folgen kann ein Verstoß gegen das GeschGehG für Versicherungsvertreter haben?

Ein Verstoß gegen das Geschäftsgeheimnisgesetz kann für einen Versicherungsvertreter verschiedene Folgen haben.

Unterlassung

Zunächst kann vom Versicherungsvertreter regelmäßig ein Unterlassen gem. § 6 GeschGehG verlangt werden. Dieses Unterlassen wird regelmäßig in der Form einer Abmahnung und der darin enthaltenen Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gefordert (vgl. hierzu Die Abmahnung im Wettbewerbsrecht). Wird eine entsprechende Unterlassungserklärung seitens des Versicherungsvertreters nicht abgegeben, so droht oft ein einstweiliges Verfügungsverfahren (siehe hierzu Die einstweilige Verfügung im Wettbewerbsrecht) und ein Hauptsacheverfahren (siehe hierzu Das Hauptsacheverfahren im Wettbewerbsrecht).

Herausgabe und Vernichtung

Auch kann gem. § 7 Nr. 1 GeschGehG die Vernichtung oder die Herausgabe der Informationen, welche der Versicherungsvertreter unbefugter Weise besitzt oder verwendet, verlangt werden. In diesem Fall ist der Versicherungsvertreter verpflichtet das Trägermedium (USB-Stick, Papiere etc.) mit den entsprechenden Informationen an das Unternehmen herauszugeben. Auch könnte eine Vernichtung der Informationen verlangt werden. Dann müssten die Informationen (bspw. Kundendaten) nachhaltig zerstört oder endgültig gelöscht werden. Hier kann es entscheidend sein, dass die nachhaltige Vernichtung auch nachgewiesen werden muss.

Außerordentliche Kündigung

Oftmals werden Verstöße des Versicherungsvertreters erst nach Beendigung des Handelsvertretervertrages bemerkt (z.B. weil der Versicherungsvertreter beginnt rechtswidrig erlangte Daten tatsächlich zum nachvertraglichen Wettbewerb zu nutzen). Ist der Handelsvertretervertrag jedoch noch nicht beendet, so kann ein Verstoß gegen das Geschäftsgeheimnisgesetz einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages darstellen (vgl. OLG München Beschluss von 08.02.2018 – Az.: 23 U 1932/17). Der Verstoß des Versicherungsvertreters muss allerdings dann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen dazu führen, dass das Vertrauensverhältnis zum Versicherungsvertreter unwiderruflich zerstört wurde und daher eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist in diesem Fall nicht mehr zumutbar für den Versicherer ist. Streitig kann dabei auch sein, ob ggf. eine vorherige Abmahnung des Versicherungsvertreters erforderlich ist (vgl. Die Abmahnung im Handelsvertreterrecht).

Fazit

Das Geschäftsgeheimnisgesetz birgt einige Gefahren für Versicherungsvertreter. Das Mitnehmen alter Kundendaten kann bereits ein Verstoß gegen die Handlungsverbote gem. § 4 GeschGehG darstellen. Ein solcher Verstoß kann zu weitreichenden und schweren Konsequenzen für den Versicherungsvertreter führen. Diese können sogar zu einer strafrechtlichen Verurteilung führen (vgl. § 23 GeschGehG). Eine Verurteilung kann dabei u.U. auch Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit im Rahmen einer Gewerbeerlaubnis nach § 34d GewO haben. Versicherungsvertreter sollten Verstöße gegen das Geschäftsgeheimnisgesetz daher nicht „auf die leichte Schulter“ nehmen und sich frühzeitig über ggf. bestehende Beschränkungen einer Wettbewerbstätigkeit nach Beendigung des Agenturvertrages informieren (siehe hierzu auch Nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Versicherungsvertreter). Sollte es zu Streitigkeiten in Bezug auf das Geschäftsgeheimnisgesetz kommen, so empfiehlt es sich fachkundigen anwaltlichen Rat einzuholen. Gerne steht hierfür auch die im Wettbewerbsrecht und Handelsvertreterrecht spezialisierte Kanzlei Jöhnke & Reichow zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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Rechtsanwalt berichtet über Geschäftsgeheimnisgesetz und dessen Bedeutung für Versicherungsvermittler.

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