Wohngebäudeversicherung: Zur Dichtigkeitsprüfung bei einer Leitungswasserversicherung (OLG Hamm)

Das OLG Hamm hatte über die Wirksamkeit einer Klausel, die den Versicherungsschutz von einer Dichtigkeitsprüfung der Rohre abhängig macht, zu befinden (OLG Hamm Beschluss v. 06.04.2020 – 20 U 271/19).

Der Sachverhalt vor dem OLG Hamm

Der klagende Versicherungsnehmer unterhält eine Wohngebäudeversicherung bei der beklagten Versicherung. Es kommt zur Beschädigung der versicherten Ableitungsrohre. In den Vertragsbedingungen besteht eine Klausel, die fettgedruckt bestimmt, dass Frost- und Bruchschäden an Ableitungsrohren nur versichert sind, wenn die Dichtigkeit dieser Rohre maximal 5 Jahre vor Vertragsbeginn geprüft wurde und das Schadensprotokoll vorgelegt wird. Das OLG hatte zu beurteilen, ob diese Klausel wirksam ist.

Die rechtliche Bewertung des OLG Hamm

In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen wird der Versicherungsschutz konstruiert. Dort können in den Klauseln die Versicherungsleistungen aufgestellt, beschränkt oder ausgeschlossen werden. Die Prüfung der Wirksamkeit einer Klausel findet anhand einer AGB-Kontrolle durch das erkennende Gericht statt. Als möglichen Unwirksamkeitsgrund für die Klausel hat das OLG eine mögliche Intransparenz gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB überprüft.

Das Transparenzgebot im AGB-Recht

Das rechtliche Transparenzgebot verlangt eine klare durchschaubare Darstellung der Rechte und Pflichten des Vertragspartners. Die AVB sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei aufmerksamer Durchsicht und ohne versicherungsrechtliches Spezialwissen verstehen muss.

Gegen eine Unwirksamkeit spricht vorliegend nach dem OLG Hamm, dass die betreffende Klausel fett gedruckt war. Ein aufmerksamer Leser kann diese Klausel folglich nicht übersehen. Zudem ist deutlich, dass die Prüfung höchsten 5 Jahre vor Vertragsbeginn zurück liegen darf. Damit ist eine nach Vertragsschluss erfolgte Dichtigkeitsprüfung ebenfalls statthaft, sofern sie vor dem Versicherungsfall stattgefunden hat. Bedenken hinsichtlich des spätesten möglichen Zeitpunktes bestehen nicht. Die Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers sind klar dargestellt.

Tatbestand des Versicherungsschutzes

Im Übrigen wollte dem Wortlaut entsprechend der Versicherer nur Versicherungsschutz gewähren, wenn – irgendwann im relevanten Zeitraum – eine Dichtigkeitsprüfung erfolgt ist. Im rechtlichen Sinne bedeutet dies somit eine Tatbestandsvoraussetzung für den Versicherungsschutz. Dies ist zwar ungewöhnlich und keinesfalls typisch, aber anhand des Wortes „nur“ deutlich klar und weiter nicht überraschend gem. § 305c Abs. 1 BGB.

Verhüllte Obliegenheit?

Die Einstufung als Tatbestandsvoraussetzung führt dazu, dass, sofern dieser nicht erfüllt ist, kein Versicherungsschutz besteht. Für den Versicherungsnehmer günstiger wäre eine Deutung als sogenannte „verhüllte Obliegenheit“. In der Klausel müsste dann die Leistungsfreiheit des Versicherers anhand des Grades des Verschuldens vereinbart worden sein. Vorliegend wäre die Klausel somit unwirksam, da kein Regime der verschuldensabhängigen Leistungsfreiheit im Wortlaut der Klausel vorzufinden ist. Diese bestimmt ausdrücklich und absolut das Fehlen des Versicherungsschutzes bei nicht vorliegender Dichtigkeitsprüfung.

Das OLG wertet dieses jedoch nicht als verhüllte Obliegenheit, sondern bezeichnet es als originären Bestandteil der Leistungsbeschreibung. Somit ist die Klausel nicht unwirksam und die Dichtigkeitsprüfung notwendige Voraussetzung für den Erhalt des betreffenden Versicherungsschutzes.

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Fazit und Hinweis für die Praxis

Einzelne Bestandteile des Versicherungsschutzes können erst mit dem Erfüllen einer Voraussetzung entstehen. Dies ist aber nur statthaft, wenn diese Rechtswirkung deutlich und transparent dargestellt wird. Für die Beurteilung, ob eine Klausel den Wirksamkeitsvoraussetzungen gerecht wird, sollte ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden. Mitunter kann eine unwirksame Klausel dazu führen, dass der Versicherer zu leisten hat, denn auf eine solche kann er sich nicht berufen.

Bei Schadensfällen im Sachversicherungsrecht sollte immer der jeweilige Einzelfall juristisch überprüft werden. Anhand bereits ergangener Rechtsprechung sollte überprüft werden, ob der eingetretene Schaden von der Versicherung, bzw. den Versicherungsbedingungen gedeckt ist. Alsdann sollte eine Strategie zur Rechtsverfolgung geplant werden, um die Ansprüche aus der Versicherung zu verfolgen. Damit die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nicht vereitelt werden, sollte zwingend ein Rechtsanwalt konsultiert werden. Die Fachanwälte der Kanzlei Jöhnke & Reichow stehen gern für ein kostenfreies telefonisches Erstgespräch zur Verfügung!

Weitere interessant Rechtsfälle im Bereich der Wohngebäudeversicherung können Sie hier nachlesen: Versicherungsfälle in der Wohngebäudeversicherung. Weitere Informationen und Rechtsprechungen haben wir für Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Gebäudeversicherung“ zusammengefasst.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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