Am 24.11.2020 entschied das OLG Zweibrücken (Az.: 1 U 181/19) zu den Anforderungen für den Nachweis der Mitursächlichkeit eines Sturms an Sachschäden.
Der Kläger begehrt von dem beklagten Versicherer die Versicherungsleistung aus einer Wohngebäudeversicherung. Dem Vertrag liegen die VGB 2002 zugrunde. Es kam im Wohnort des Klägers zu einem Sturm, der in seinem Verlauf eine Windstärke von über 8 Beaufort erreichte. Nach dem Sturm bemerkte der Kläger einen Schaden an seinem Gartenzaun. Der beklagte Versicherer wendet gegen das Bestehen seiner Einstandspflicht ein, dass sich der Zaun in einem sanierungsbedürftigen Zustand befand. Zudem ist nicht festzustellen gewesen, ob der Schaden erst eintrat, als der Sturm bereits die Windstärke 8 hatte oder nicht schon vorher als dieser gerade an Fahrt gewann. Das OLG Zweibrücken gab im Ergebnis dem Versicherer Recht.
Gemäß den Versicherungsbedingungen muss der Schaden durch den Sturm verursacht worden sein. Hierfür müsste der Schaden gem. § 8 Ziffer 2 a VGB 2002 „durch unmittelbare Einwirkung des Sturmes auf versicherte Sachen“ entstanden sein. Der Umstand, dass der Zaun marode und baufällig war, sorgt nach dem OLG Zweibrücken nicht für einen Haftungsausschluss. Denn für die „unmittelbare“ Einwirkung des Sturmes genügt bereits eine Mitursächlichkeit des Sturmes für das Schadensereignis. Der Versicherer hat hiergegen eine fehlende Mitursächlichkeit zu beweisen.
Des Weiteren wurde untersucht, ob der Schaden unter Umständen bereits beim Anlaufen des Sturmes entstanden ist. Das unmittelbar nach dem Sturm etwaige Schäden an der Sache festgestellt werden können, heißt nicht, dass diese auch tatsächlich auf den Sturm zurückzuführen sind. Sonst könnte jeglicher zufälliger Schadenseintritt während eines Sturms der Windstärke 8 die Leistungspflicht des Versicherers auslösen.
Somit musste entschieden werden, ob ein versicherter Sturmschadensfall eingetreten war. Das OLG Zweibrücken legte die Versicherungsklausel aus, so wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnis verstehen muss. Bei einem Sturm handelt es sich um einen einheitlichen Vorgang, dabei wird es für das Verständnis eines Versicherungsnehmers nicht darauf ankommen, ob der Schaden während des Anlaufens oder des Fortdauerns des Sturmes eingetreten ist. Möchte sich der Versicherer darauf berufen, dass der Schaden wegen mangelnder Substanz der Sache eingetreten ist, so muss er den möglichen Schadenseintritt bei Windstärke 7 beweisen.
Vorliegend konnte sich der Versicherer auf Sachverständigenbewertungen berufen aus denen hervorgeht, dass der Zaun in einem absolut maroden Zustand war. Es gelang der Nachweis einer mangelnden Sachsubstanz, so dass der Schaden mit Sicherheit auch bei geringerer Windstärke eingetreten wäre. Der Sturm wurde somit nicht bewiesenermaßen ursächlich für den Schaden, die Sache könnte schon durch einen Wind von geringerer Stärke verursacht worden sein.
In der Wohngebäudeversicherung gilt der Grundsatz der unmittelbaren Einwirkung. Regelmäßig genügt aber auch eine Mitursächlichkeit des Schadensumstands, so lange nicht auszuschließen ist, dass der Schaden auch gänzlich ohne das versicherte Risikoereignis eingetreten wäre. Hier konnte sich der Versicherer auf den runtergekommenen Zustand der versicherten Sache berufen. Es sollte im Schadensfall ein Fachanwalt für Versicherungsrecht mit der rechtlichen Bewertung betraut werden.
Weitere Informationen und Rechtsprechungen haben wir für Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Gebäudeversicherung“ zusammengefasst.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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