Am 20.03.2020 urteilte der BGH zu der Frage, ob der Verkäufer eines bebauten Grundstückes den Käufer ungefragt über das Nicht-Bestehen einer Gebäudeversicherung für das Verkaufsobjekt unterrichten muss (BGH v. 20.03.2020 – V ZR 61/19).
Am 03.02.2017 kaufte die Klägerin von der Beklagten ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück. Die Sachmängelhaftung wurde im notariellen Kaufvertrag ausgeschlossen. Dieser Kaufvertrag enthält folgende Klausel:
„Der Besitz […], die Gefahr und die Lasten einschließlich aller Verpflichtungen aus den den Grundbesitz betreffenden Versicherungen […] gehen auf den Käufer mit über mit dem Tag der Kaufpreiszahlung […].“
Der Versicherer der Beklagten kündigte am 05.04.2017 durch Schreiben mit Wirkung zum 10.05.2017 die bestehende Wohngebäudeversicherung. Darüber wurde die Klägerin nicht durch die Beklagte unterrichtet. Die Übergabe der Immobilie fand am 11.04.2017 statt.
Am 22.06.2017 trat ein Schaden am Dach des Hauses aufgrund von Unwetter ein. Der Kläger begehrt Schadensersatz aufgrund von Pflichtverletzung des Verkäufers. Zum Zeitpunkt des Schadens bestand keine Versicherung mehr.
Der BGH beschäftigte sich hauptsächlich mit der Frage, ob den Veräußerer eine vertragliche Verpflichtung trifft, so dass er das Wohngebäude über den Zeitpunkt des Versicherungsendes neu versichern müsste. Grundsätzlich besteht keine Verpflichtung des Gebäudeveräußerers gegenüber dem Käufer eine Versicherung abzuschließen. Erweitert wird dem Verkäufer auch nicht abverlangt, eine bestehen Wohngebäudeversicherung aufrechtzuerhalten oder nach Kündigung eine neue abzuschließen.
Bestand bei Veräußerung eine Wohngebäudeversicherung, so tritt gem. § 95 Abs. 1 VVG der Käufer in das Versicherungsverhältnis anstelle des ehemaligen Versicherungsnehmers ein. Dem Käufer des Grundstückes kommt ein versicherbares Sacherhaltungsinteresse schon vor der Übergabe zu. Dieses Fremdinteresse ist, ohne ausdrücklich darin aufgenommen zu sein, in der bestehenden Wohngebäudeversicherung mitversichert. Dieses Fremdinteresse begründet aber keine Verpflichtung des Verkäufers für eine dann bestehende Versicherung zu sorgen. Der § 95 VVG soll den Erwerber schützen, dadurch dass die Versicherung übergehen soll, aber dies begründet vermag keine Beschränkung der Vertragsfreiheit des Veräußerers zu begründen. Dieser ist frei, ein bestehendes Verhältnis jederzeit zu beenden. Der gesetzliche Eintritt des Erwerbers führt nicht zu einer weitergehenden Informationspflicht des Veräußerers.
Aus einer Wertung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergibt sich, dass der Vertragspartner auf bestimmte Umstände hinzuweisen hat, die unter Umständen zu mit dem Vertragsschluss zusammenhängenden Schäden führen können. Diese Informationspflicht entfällt nur dann, wenn die betreffenden Umstände in den Verantwortungsbereich des Vertragspartners fallen. Nach dem Übergang des Gebäudes ist es im alleinigen Verantwortungsbereich des Erwerbers sich um den Versicherungsschutz zu kümmern. Es entsteht keine Informationspflicht.
Zu einem anderen Ergebnis käme man, wäre der Kaufvertrag so auszulegen, dass der Veräußerer das Bestehen eines Wohngebäudeversicherung zusichert. Dem Wortlaut der Klausel ist jedoch keine Versicherungszusage zu entnehmen, es sollen lediglich unter Umständen bestehende Versicherungen übergehen.
Es besteht keine Verpflichtung der Veräußerer sich, um den Fortbestand der Versicherung zu sorgen. Die Erwerber der Immobilien müssen regelmäßig selbst aktiv werden und den Versicherungsstatus in Kenntnis bringen. Mitunter drohen Deckungslücken. Im Schadensfall ist abzuklären, ob dem Kaufvertrag eine vertragliche Zusage der Versicherung zu entnehmen ist.
Bei Schadensfällen im Sachversicherungsrecht sollte immer der jeweilige Einzelfall juristisch überprüft werden. Anhand bereits ergangener Rechtsprechung sollte überprüft werden, ob der eingetretene Schaden von der Versicherung, bzw. den Versicherungsbedingungen gedeckt ist. Alsdann sollte eine Strategie zur Rechtsverfolgung geplant werden, um die Ansprüche aus der Versicherung zu verfolgen. Damit die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nicht vereitelt werden, sollte zwingend ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden. Die Fachanwälte der Kanzlei Jöhnke & Reichow stehen gern für ein kostenfreies telefonisches Erstgespräch zur Verfügung!
Weitere interessant Rechtsfälle im Bereich der Wohngebäudeversicherung können Sie hier nachlesen: Versicherungsfälle in der Wohngebäudeversicherung. Weitere Informationen und Rechtsprechungen haben wir für Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Gebäudeversicherung“ zusammengefasst.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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