Zulässigkeit der Ventillösung – konkret des Versichererventils (BGH)

Der BGH hat mit Urteil vom 30.01.2014 (Az.: I ZR 19/13) mit der Zulässigkeit der Ventillösung (konkret des Versichererventils) befasst.

Ventillösung für Versicherungsvertreter

Anlass der BGH-Entscheidung war ein Streit zwischen einer Versicherungsmaklerin und einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Dieser Versicherungsverein war in Deutschland ansässig und unterhielt Agenturverträge mit rund 450 Versicherungsvertretern (sog. „Vertrauensleuten“), die ausschließlich für den Versicherungsverein tätig waren. Allerdings war vertraglich vorgesehen, dass die Vertrauensleute in einem gewissen Umfang auch Versicherungen für andere Versicherer, sog. „Kooperationspartner“, vermitteln können. Diese Kooperationspartner boten Versicherungen außerhalb des Leistungsspektrums des Versicherungsvereins an.

Soweit die Vertrauensleute eine Vermittlung von Versicherungsverträgen für Kooperationspartner vornehmen wollten, so sollte diese über ein Unternehmen, einen nicht gebundenen Versicherungsvermittler, weitergeleitet werden. Für ihre Vermittlungstätigkeit waren die Vertrauensleute ausschließlich über den Versicherungsverein versichert. Bei der Vermittlung für andere Unternehmen wurde keine zusätzlichen Versicherungen gestellt oder eigene unterhalten. Das Gesamtvolumen der von den Vertrauensleuten für Kooperationspartner vermittelte Versicherungsgeschäft entsprach rund 3% des Geschäftsvolumens des Versicherungsvereins.

Die Versicherungsmaklerin war der Ansicht, dass die Vermittlung von Versicherungen für die Kooperationspartner durch die Vertrauensleute mit den Regelungen des § 34d GewO nicht vereinbar sei. Zumindest sei es notwendig, dass die Vertrauensleute für solche Vermittlungen eigenen Versicherungen unterhalten bzw. welchen von den Kooperationspartner gestellt werden. Die Versicherungsmaklerin verlangt daher Unterlassung der nach ihrem Dafürhalten unzulässigen Tätigkeit.

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BGH: Versichererventil ist zulässig

Der BGH hat entschieden, dass die Klage der Versicherungsmaklerin unbegründet sei und diese somit abgewiesen. Das Gericht hat betont, dass ein Versicherungsvermittler, der seine Tätigkeit ausschließlich im Auftrag eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmens ausübt, gemäß § 34d Abs. 4 GewO a.F. (jetzt § 34d Abs.7 n.F.) auch dann keiner Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO bedarf, wenn er mit Zustimmung des Versicherungsunternehmens Produkte anderer Versicherungsunternehmen vermittelt, die weder mit den Produkten des eigenen Versicherungsunternehmens noch untereinander konkurrieren, sofern diese Vermittlungstätigkeit nur einen geringen Teil seiner gesamten Tätigkeit ausmacht und durch eine hinreichend bestimmt gefasste Vereinbarung mit dem eigentlichen Versicherungsunternehmen begrenzt ist und dieses die uneingeschränkte Haftung für den Vermittler übernimmt. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall gegeben.

Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit genehmigte die Vermittlung von Versicherungen der Kooperationspartner ausdrücklich und unter genau bezeichneten Voraussetzungen in den Agenturverträgen. Die Versicherungsvermittler waren zudem ausschließlich an den Versicherungsverein vertraglich gebunden und wurden von diesem versichert. Zudem stellten 3% des gesamten Geschäftsvolumen nach Ansicht des BGH nur einen geringwertigen Teil der gesamten Tätigkeit des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit dar.

Unerheblich war nach Ansicht des BGH auch, dass die für Kooperationspartner vermittelten Verträge an ein Unternehmen weitgeleitet worden sind, welches die weitere Abwicklung übernahm. Zur Begründung verwies der BGH auf die Begründung der Vorinstanz, welche argumentiert hatte, dass der Vermittler den Versicherungsantrag zwar bei dem Unternehmen einreicht, Vertragspartner aber das Versicherungsunternehmen wird, um dessen Produkt es geht, und die Einschaltung des weiteren Unternehmens die Anbindung der Vermittler an den Versicherungsverein nicht berührt.

Fazit zur Entscheidung des BGH

Die Ventillösung eröffnet Ausschließlichkeitsvertretern die Möglichkeit neben den Produkten „ihres“ Versicherers auch die Produkte anderer Versicherer zu vertreiben. Der Begriff der Ausschließlichkeit wird damit deutlich aufgeweicht. Aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers wird der Übergang zwischen einem Ausschließlichkeitsvermittler und einem echten Mehrfachagenten damit fließend. Aus Gründen der besseren Abgrenzung einzelner Vermittlertypen wäre es aus der Sicht der Kanzlei Jöhnke & Reichow daher wünschenswert gewesen, wenn der BGH die Ventillösung stärker eingeschränkt oder generell als unzulässig betrachtet hätte.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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