Das LG Konstanz hat mit Urteil vom 21.01.2021 (Az.: Me 4 O 90/19) darüber entschieden, welche Anforderungen an einem Ausschluss von Direktversicherer von der Marktgrundlage erforderlich sind.
Zwischen einem Versicherungsnehmer und einem Versicherungsmakler bestand jahrelang ein Versicherungsmaklervertrag. Inhalt des Vertrages war im Wesentlichen die Vermittlung und Betreuung von Versicherungsverträgen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Versicherungsmaklers enthielten dabei folgende Regelung: „Direktversicherer oder andere nicht frei auf dem Versicherungsmarkt zugänglichen Deckungskonzepte werden … nicht berücksichtigt.“.
Der Versicherungsnehmer erwarb einen Wohnwagen, welchen er zunächst selbst bei einem Direktversicherer versicherte, welche allerdings keine Vollkaskoversicherung für Wohnwagen anbot. Nach einiger Zeit beauftragte der Versicherungsnehmer den Versicherungsmakler damit eine passende Vollkaskoversicherung für diesen Wohnwagen zu ermitteln. Die vom Versicherungsmakler daraufhin angebotene Versicherung war dem Versicherungsnehmer allerdings zu teuer, woraufhin er sich für eine Teilkaskoversicherung entschied.
Einige Zeit später verunfallte der Wohnwagen. Im Rahmen der Teilkaskoversicherung bestand jedoch kein Versicherungsschutz für den eingetretenen Schaden. Der Versicherungsnehmer verlangte daraufhin Schadensersatz mit der Begründung bei einem Direktversicherer hätte auch ein Vollkaskoschutz für den Wohnwagen erlangt werden können. Der Versicherungsmakler habe daher keine ausreichende Marktanalyse vorgenommen.
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Das LG Konstanz bejahte eine Haftung des Versicherungsmaklers und verurteilte den Versicherungsmakler zum Schadensersatz. Der vorgenommene Ausschluss in Bezug auf Direktversicherer von der Marktgrundlage war nach Ansicht der Richter unwirksam.
Das Gericht verdeutlich, dass unter dem „Markt“ im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 VVG das gesamte Versicherungsumfeld zu verstehen sei, in dem Versicherungen erhältlich sind und bei denen das jeweils in Frage stehende Risiko versichert werden kann. Demnach hätte der Versicherungsmakler im Rahmen seiner Marktanalyse auch Direktversicherer sowie solche Versicherungen in den Blick nehmen müssen, die mit Versicherungsmakler aufgrund ihrer Vertriebsstruktur grundsätzlich nicht zusammenarbeiten.
Der Sinn und Zweck von § 60 Abs. 1 S. 1 VVG besteht darin, den Versicherungsnehmer davor zu bewahren, infolge einer unausgewogenen Marktanalyse seines Versicherungsmaklers eine Versicherung abzuschließen, die letztlich nicht seinen Interessen entspricht. Genau dies würde aber unter Umständen geschehen, würde man Direktversicherungen sowie Versicherungen, die mit Versicherungsmaklern per se nicht zusammenarbeiten, vom Begriff des „Marktes“ im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 VVG ausnehmen. Denn Direktversicherungen sowie Versicherungen, die mit Versicherungsmaklern nicht zusammenarbeiten, können unter Umständen wesentlich günstiger sein oder aber anderen Versicherungen ihrem Leistungsangebot nach voraus sein.
Der Versicherungsmakler hatte nach Ansicht des Landgerichts Koblenz die Anbieterauswahl auch nicht nach § 60 Abs. 1 S. 2 VVG wirksam eingeschränkt. Dies setzt nämlich eine Einschränkung „im Einzelfall vor Abgabe der Vertragserklärung“ voraus. Zu einer solchen ist es vor der Beratung in Bezug auf die Versicherung für den Wohnwagen nicht gekommen. Ein Verweis auf die AGB des Versicherungsmaklervertrages ist nach Ansicht des LG Konstanz nicht ausreichend, da eine Regelung im Rahmen von AGB’s per se darauf angelegt sei nicht nur für den Einzelfall, sondern eben für eine Vielzahl von Fällen zu gelten.
Der Ausschluss von Direktversicherern im Rahmen von Maklerverträgen ist rechtlich durchaus problematisch. Teilweise wird ein solcher Ausschluss durchaus als zulässig erachtet. Begründet wird diese Auffassung im Wesentlichen damit, dass ein Versicherungsnehmer nicht in schutzwürdiger Weise erwarten könne, von einem Versicherungsmakler Versicherungen empfohlen zu bekommen, von denen dieser keine Maklercourtage erhält. Das Landgericht Konstanz erteilt dieser Auffassung in seinem Urteil jedoch eine klare Absage und findet hierbei auch Unterstützung von anderen Gerichten (siehe hierzu Unwirksame Klauseln im Maklervertrag (Landgericht Leipzig)).
Gleichwohl überzeugt weder die Argumentation des LG Konstanz noch des LG Leipzig. Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Anbietereingrenzung muss es dem Versicherungsmakler gestattet sein, im Rahmen seines Maklervertrages den „Markt“, auf welchem er tätig sein will, zu definieren. Eine vertragliche Definition des Marktes ist dabei klar von einem Ausschluss einzelner Versicherer von diesem Markt zu trennen. Es bleibt daher zu hoffen, dass sich andere Gerichte der Auffassung des LG Konstanz nicht anschließen werden.
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