Das LG Hamburg entschied mit Urteil vom 13.02.2009 (Az.: 412 O 111/08) darüber, ob eine außerordentliche Kündigung wegen verweigerter Zustimmung zur Änderung des Handelsvertretervertrages zulässig ist.
In dem Verfahren stritten ein Versicherungsunternehmen und ein Versicherungsvertreter darüber, ob dem Versicherungsvertreter Schadensersatz und Ausgleichsansprüche zustehen. Entscheidend hierfür war u.a., ob der Handelsvertretervertrag aufgrund einer verweigerten Zustimmung des Versicherungsvertreters zur Änderung des Handelsvertretervertrages wirksam außerordentlich gekündigt worden ist.
Nach mehreren Jahren gemeinsamen Zusammenarbeit wandte sich der Versicherer aufgrund einer Änderung des VVG wegen einer Änderung des Handelsvertretervertrages an den Versicherer. Zu diesem Zweck sendet das Versicherungsunternehmen die gewünschten Änderungen des Handelsvertretervertrages an den Versicherungsvertreter, mit der Bitte diese zu lesen und eine beigefügte Einverständniserklärung zu unterzeichnen.
Der Versicherungsvertreter forderte vor der Abgabe seiner Zustimmungserklärung zunächst eine genaue Begründung der Änderung. Hierauf antwortete der Versicherer mit einem kurzen Hinweis, wonach dies eine Entscheidung des Versicherungsunternehmens sei. Infolgedessen lehnte der Versicherungsvertreter die Zustimmung zur Änderung ab.
Daraufhin erklärte das Versicherungsunternehmen ohne vorherige Abmahnung eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrags. Als Begründung wurde die Ablehnung der Vertragsänderung angeführt. Diese wurde seitens des Versicherungsvertreters zurückgewiesen und er erklärte sodann selbst die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages. Nach Beendigung des Handelsvertretervertrages begehrte er sodann die Zahlung eines angemessenen Ausgleichs und von Schadensersatz.
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Das LG Hamburg entschied, dass eine verweigerte Zustimmung zur Änderung des Handelsvertretervertrags nicht zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grunde berechtigt.
Dem Versicherungsvertreter kann nicht vorgeworfen werden, dass er seine Zustimmung zu den beabsichtigten Änderungen verweigert. Dies sei insbesondere aus der beigefügten Einverständniserklärung abzuleiten, welche signalisiert, dass das Versicherungsunternehmen eine einseitige Änderung nicht vornehmen wolle. Somit lässt sich aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zustimmung einer Vertragsänderung ableiten, wodurch mit einer Verweigerung keine Vertragspflichten verletzt werden können.
Zudem war das Versicherungsunternehmen verpflichtet auf die begründete Bitte, um Erläuterung der Änderung in nachvollziehbarer Weise zu reagieren. Insbesondere, wenn das Versicherungsunternehmen sich durch die Folgen einer Gesetzesänderung als schwer getroffen ansieht und es deswegen für berechtigt erachtet die Änderung bindend geschlossene Verträge zu fordern. Deswegen bestand seitens des Versicherers kein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung seitens des Versicherungsunternehmens.
Hingegen war die außerordentliche Kündigung des Versicherungsvertreters, aufgrund der unberechtigten fristlosen Kündigung des Versicherungsunternehmens, berechtigt (vgl. auch OLG Stuttgart: Außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages wegen unberechtigter fristloser Kündigung des Vertragspartners). Das LG Hamburg sah die Klage des Versicherungsvertreters daher als begründet an.
Gerade im Laufe langer vertrieblicher Zusammenarbeit entsteht bei einer Vertragspartei oftmals aufgrund veränderter Rahmenbedingungen der Wunsch nach einer Anpassung der vertraglichen Regelungen. Gerade Versicherer und Vertriebsunternehmen versuchen dann oftmals einseitig zu ihren Gunsten vertragliche Änderungen durchzusetzen und drohen mit der Beendigung des Handelsvertretervertrages. Zwar besteht grundsätzlich regelmäßig die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung um den eigenen Wunsch zu untermauern, eine außerordentliche Kündigung kann hingegen je nach Umständen des konkreten Einzelfalles auf wackliger rechtlicher Grundlage stehen – dies zeigt die Entscheidung des LG Hamburg. Soweit Versicherungsvertreter mit dem Ansinnen einer vertraglichen Änderung des Handelsvertretervertrages konfrontiert sind, sollten Sie daher die entsprechenden Vertragsmodalitäten durchaus rechtlich prüfen lassen.
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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