Schätzung des Schadens aus unerlaubter Wettbewerbstätigkeit

Im Jahr 2009 hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24.06.2009 – Az.: VIII ZR 332/07 – dargelegt, wie die Schätzung des Schadens aus unerlaubter Wettbewerbstätigkeit eines Versicherungsvermittlers zu erfolgen hat.

Sachverhalt

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt verlangt eine Versicherungsmaklerin von einem für sie tätigen Versicherungsvermittler Schadensersatz wegen vertragswidriger Vermittlung von Versicherungen für andere Unternehmen. Gemäß den Bestimmungen des Vermittlungsvertrages bestand ein Ausschließlichkeitsgebot.

Nach Beendigung der Zusammenarbeit behauptet die Versicherungsmaklerin, dass der Versicherungsvermittler teilweise im Zusammenwirken mit seiner Ehefrau und ehemaligen Mitarbeitern der Versicherungsmaklerin mindestens 81 Versicherungen für andere Versicherungen vermittelt habe. Aufgrund dieser Fremdvermittlungen seien ihm Provisionen in Höhe von 53.943,17 EUR entgangen. Nach Abzug der Provisionen, welche die Versicherungsmaklerin an den Versicherungsvermittler gezahlt hätte, wenn dieser nicht anderweitig vermittelt hätte, verbleibt nach Ansicht der Versicherungsmaklerin dein ihr konkret entstandener Schaden in Höhe von 34.107,41 EUR.

Der Versicherungsvermittler hingegen behauptet, dass die Versicherungsmaklerin den konkreten Schaden nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe. Zur Begründung entgangenen Gewinns gehöre eine Aufschlüsselung ersparter Betriebskosten unter Offenlegung einer entsprechenden Kalkulation. Er ist weiter der Ansicht, die Versicherungsmaklerin hätte vielmehr im Einzelnen ihre bei Durchführung der entsprechenden Vermittlungen angefallenen Kosten aufgeschlüsselt darlegen oder zumindest in einem kalkulatorisch nachvollziehbaren Prozentsatz berücksichtigen müssen.

Entscheidung

Der BGH entschied, dass eine Schadensberechnung, mit der der entgangene Gewinn beziffert wird, eine ausreichende Grundlage für die Schätzung eines Mindestschadens bietet. Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Steht also der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz fest und bedarf es lediglich der Ausfüllung zur Höhe, darf die Klage grundsätzlich nicht vollständig abgewiesen werden. Vielmehr muss der Tatrichter im Rahmen des Möglichen den Schaden nach § 287 ZPO schätzen.

Auch wenn der Vortrag des Anspruchsstellers Lücken oder Unklarheiten erhält, kann es nicht gerechtfertigt sein, dem Geschädigten jeden Ersatz zu versagen. Vielmehr muss der Tatrichter nach pflichtgemäßem Ermessen beurteilen, ob nach § 287 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestschadens möglich ist. Eine Schätzung darf erst dann gänzlich unterlassen werden, – so der BGH – wenn sie mangels jeglicher konkreten Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre.

Nach Vorbringen der Versicherungsmaklerin sind Provisionen in Höhe von 53.943,17 EUR entgangen, die die Versicherungsmaklerin von den jeweiligen Versicherungsgesellschaften erhalten hätte, wenn der Versicherungsvermittler nicht eine unerlaubte Wettbewerbstätigkeit ausgeübt hätte. So dann zieht die Versicherungsmaklerin von diesem Betrag die Provisionen ab, welche sie ihrerseits an den Versicherungsvertreter gezahlt hätte. So errechnet sich der Betrag von 34.107,41 EUR, den die Versicherungsmaklerin als entgangener Gewinn geltend gemacht hat. Auch wenn die Versicherungsmaklerin einige Fragen zur Höhe des entgangenen Gewinns offenlässt, ist nach Ansicht des BGH der Betrag von 34.107,41 EUR substantiiert dargelegt und ist als eine hinreichende Grundlage für eine Schätzung eines Mindestschadens zu sehen.

Fazit

Mit seinem Urteil eröffnet der BGH in erheblicher Weise Vorteile für Versicherern und Vertriebsgesellschaften, eigene Schadensersatzansprüche gegen Versicherungsvermittler wegen Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot oder aber gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu beziffern. Dies belegt nur nochmals, dass Versicherungsvermittlern nicht leichtfertigt oder gar bewusst gegen bestehende Wettbewerbsverbote verstoßen sollten.

Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte hat sich auf den Bereich Handelsvertreterrecht spezialisiert und steht für Rückfragen ebenso wie für eine Interessensvertretung gerne zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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