Im Urteil vom 12.02.2020, Aktenzeichen: 23 O 88/19, hatte das Landgericht Köln eine Entscheidung darüber gefällt, ob eine rückwirkende Reduzierung des Krankentagegeldes möglich ist. Hintergrund der Entscheidung war die gesetzliche Regelung des § 164 VVG. Danach kann der Versicherer unter bestimmten Voraussetzungen eine Bestimmung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) durch eine neue Regelung ersetzen. Die neue Regelung muss dabei die Belange der Versicherungsnehmer angemessen berücksichtigen. Nach § 164 Abs. 2 VVG wird die neue Regelung Verstandsbestandteil, nachdem die neue Regelung und die hierfür maßgeblichen Gründe dem Versicherungsnehmer mitgeteilt worden sind.
Der Versicherungsnehmer war als selbständiger Versicherungsmakler tätig. Er unterhält bei dem Versicherer eine Krankentagegeldversicherung.
Im Sommer 2017 nahm der Versicherer eine Bedingungsanpassung gem. § 164 VVG vor. Darüber unterrichtete er seine Versicherten. Nicht nachgewiesen werden konnte, zu welchem Zeitpunkt der Versicherungsnehmer die Mitteilung der Bedingungsanpassung erhielt. Sicher war nur, dass ihm spätestens im Laufe des Rechtsstreits die neuen Versicherungsbedingungen nebst Änderungsgründen zugegangen sind.
Während eines Arbeitsunfähigkeitszeitraums des Versicherungsnehmers prüfte der Versicherer dessen durchschnittliches Nettoeinkommen. Dabei stellte er fest, dass bei dem Nettoeinkommen ein geringerer Tagessatz versicherbar sei als vertraglich vereinbart. Im Anschluss stellte der Versicherer den vertraglichen Tarif auf den geringeren Tagessatz um. Der Versicherer leistete nachfolgend Krankentagegeld in der herabgesetzten Höhe. Der Versicherungsnehmer verlangte die Differenz zwischen dem Auszahlungsbetrag und den ursprünglich versicherten Krankentagegeld.
Das Landgericht urteilt, dass dem Versicherungsnehmer gegen den Versicherer der geltend gemachte Differenzbetrag zusteht. Der Versicherer habe in dem streitentscheidenden Arbeitsunfähigkeitszeitraum kein Recht gehabt, die Reduzierung des Krankentagegelds vorzunehmen.
Laut LG Köln könne dieser die Herabsetzung nicht auf die Bedingungsanpassung stützen. Die angepasste Klausel sei in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht Vertragsbestandteil gewesen. Diese sei erst später wirksam in den Vertrag einbezogen, nämlich dann, als das Benachrichtigungsschreiben nachweislich dem Versicherungsnehmer zugegangen ist. Soweit die Versicherung von einem Versand mit Zugangsnachweis absieht, liege dies in ihrer Risikosphäre.
Die spätere Einbeziehung der „neuen Klausel“ habe – so das Landgericht – keine Rückwirkung auf bereits abgeschlossene Versicherungsfälle. Die Anpassung wirke nur für die Zukunft.
Das Gericht stellt jedoch klar, dass die Vertragsparteien grundsätzlich einen anderen Zeitpunkt, z. B. rückwirkend zum Vertragsschluss, für das Wirksamwerden vereinbaren können, sofern dieses für den Versicherungsnehmer nicht nachteilig ist.
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Das LG Köln geht in der vorstehenden Entscheidung also davon aus, dass eine Bedingungsanpassung für laufende Krankentagegeld-Versicherungsverträge nur für die Zukunft möglich ist. Die Entscheidung ist aus Sicht der Versicherungsnehmer zu begrüßen und rechtlich durchaus nachvollziehbar. Wenn der Versicherer den Vertrag ändern will, muss er auch den Zugang der Änderungsmitteilung nachweisen. Wenn dieses nur per „normaler Post“ geschieht und dem Versicherungsnehmer nun mal nicht zugeht, kann dieses nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen.
Demnach ist festzustellen, dass es im Bereich der Krankentagegeldversicherung sinnvoll ist, jede Leistungseinstellung eines Versicherer juristisch überprüfen zu lassen und frühzeitig anwaltliche Expertise in Anspruch zu nehmen, da ansonsten die vertraglich zugesicherten Ansprüche des Versicherten durch – möglicherweise – ungerechtfertigte Leistungsablehnungen durch Versicherungen vereitelt werden könnten.
Weitere Informationen und Rechtsprechungen haben wir für Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Krankentagegeldversicherung“ zusammengefasst.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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