Wirksamkeit von vorformulierten Empfangsbestätigungen bzgl. Risikohinweisen

Der BGH hatte sich mit Urteil vom 10.01.2019 (Az.: III ZR 109/17) mit der Frage der Wirksamkeit von vorformulierten Empfangsbestätigungen des Anlegers bzgl. der Kenntnisnahme von Risikohinweisen zu befassen.

Vorformulierte Empfangsbestätigung als Teil der Beitrittserklärung

Der Anleger, der aufgrund einer Beratung des Anlageberaters eine geschlossene Beteiligung an einem Solar-Fonds erworben hatte, hatte im Rahmen der Beitrittserklärung auch folgende vorformulierte Empfangsbestätigung abgegeben:

„Ich habe den Beteiligungsprospekt nebst Anlagen (…) erhalten, den Inhalt insbesondere des Kapitels 05 (Risiken der Beteiligung) des Verkaufsprospekts vollinhaltlich zur Kenntnis genommen und stimme dem Inhalt der Verträge ausdrücklich zu.“

Nach Erwerb der Anlage machte er indes trotzdem geltend, er sei im Beratungsgespräch nicht hinreichend vom Anlageberater über die Risiken der Anlage aufgeklärt worden. Er verlangte daher Schadensersatz. Der Anlageberater wehrte sich mit der Begründung dagegen, dass eine Aufklärung über die Risiken sehr wohl erfolgt sei und berief sich auf die rechtzeitige Übergabe des Verkaufsprospektes. Hinsichtlich der rechtzeitigen Übergabe verwies der Anlageberater auf die vom Anleger abgegebene Empfangsbestätigung.

Aufklärung des Anlegers durch rechtzeitige Prospektübergabe

Die Aufklärung des Anlegers durch rechtzeitige Prospektübergabe ist in der Rechtsprechung des BGH seit vielen Jahren anerkannt. Zur Rechtzeitigkeit der Übergabe siehe auch Zur Rechtzeitigkeit der Übergabe des Verkaufsprospektes

Auf diese Rechtsprechung nahm der BGH auch in seiner aktuellen Entscheidung Bezug und bestätigte diese. Neben der mündlichen Aufklärung im Beratungsgespräch konnte sich der Anlageberater also auch auf im Verkaufsprospekt enthaltene Risikohinweise berufen, sofern er den Prospekt rechtzeitig übergeben hat. Er betonte dabei nochmals, dass der Anleger die nicht rechtzeitige Übergabe des Emissionsprospekts darzulegen und zu beweisen hat, wobei die Frage der „Rechtzeitigkeit“ als solche eine rechtliche Bewertung darstellt (z.B. BGH Urteil vom 19. Oktober 2017 – Az.: III ZR 565/16, Rn. 22).

Vorformulierte Empfangsbestätigung erschwert die Beweislast für den Anleger

Ausgehend davon, dass dem Anleger für die nicht rechtzeitige Übergabe des Verkaufsprospektes ohnehin die Beweislast zukommt, erschwert die vorformulierte Empfangsbestätigung diese Beweislast noch weiter. Der BGH sah in der vorformulierten Empfangsbestätigung des Anlegers, die Risikohinweise in einem Emissionsprospekt zur Kenntnis genommen zu haben, eine gemäß § 309 Nr. 12 b.) BGB unwirksame Klausel. Der Anlageberater konnte sich daher auf diese Klausel nicht berufen, sondern es blieb bei der gesetzlich ohnehin bestehenden Beweislast des Anlegers.

Fazit

Die Entscheidung des BGH zeigt, dass vorformulierte Empfangsbekenntnisse äußert kritisch in Bezug auf ihre Wirksamkeit zu prüfen sind. Dies gilt nicht nur für Empfangsbekenntnisse im Rahmen einer Beitrittserklärung zu einer geschlossenen Beteiligung, sondern auch für Empfangsbekenntnisse in anderen Bereichen. Allerdings urteile der BGH auch, dass ein Empfangsbekenntnis auch wirksam sein kann, wenn es getrennt vom sonstigen Vertragstext erteilt wird und keine weiteren Erklärungen umfasst. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich gerade auch für Versicherungsvermittler die eigenen Dokumentationen und Unterlagen genaustens zu prüfen und ggf. vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung anzupassen.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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