Die Abmahnung im Handelsvertreterrecht ist für den Ausgang vieler rechtlicher Streitigkeiten rund um die Beendigung des Handelsvertretervertrages oft von entscheidender Bedeutung. Gerade wenn es um die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen oder Schadensersatzansprüchen geht, ist oftmals entscheidend, welche Partei des Handelsvertretervertrages die Zusammenarbeit beendet hat. Die Wirksamkeit einzelner Kündigungserklärungen hängt dann regelmäßig auch von der Frage ab, ob eine vorherige Abmahnung erfolgt ist. Der vorliegende Beitrag soll daher einen Einblick in verschiedene Themen rund um die Abmahnung im Handelsvertreterrecht bieten. Bzgl. der Anforderungen an eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung beachten Sie bitte hingegen Die Abmahnung im Wettbewerbsrecht
Eine Abmahnung dient in erster Linie dazu dem Handelsvertreter unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass ein wichtiger Grund vorliegt, welcher bei einer Nichtabstellung zu einer außerordentlichen Kündigung führen kann. Sie soll dem Handelsvertreter also die Gelegenheit eröffnen diese Störung abzustellen und dadurch eine fristlose Kündigung zu vermeiden.
Inhaltlich muss in der Abmahnung ausdrücklich, klar und eindeutig zum Ausdruck kommen, dass die genannte Vertragsstörung den Fortbestand des Handelsvertreterverhältnisses gefährdet und abgestellt werden muss (siehe: OLG München Urteil v. 23.01.2014 – Az.: 23 U 1955/13 – Rn. 40). Dazu ist es erforderlich, dass eine Abmahnung zeitnah zu dem störenden Verhalten ausgesprochen wird. Zudem muss eine angemessene Frist enthalten sein, um die Abstellung der störenden Umstände zu ermöglichen. Wiederholte Ermahnungen sind hingegen oftmals nicht für eine Abmahnung ausreichend.
Einer Abmahnung bedarf es nicht, wenn besondere Umstände, unter Berücksichtigung beidseitiger Interessen, die sofortige Kündigung rechtfertigen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Umstände der Kündigung so schwerwiegend sind, dass auch eine Abmahnung das Vertrauensverhältnis nicht wiederherstellen kann. Dies kann z.B. wiederum bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen angenommen werden (siehe hierzu auch OLG Stuttgart: Außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages wegen unberechtigter fristloser Kündigung des Vertragspartners, OLG München Beschluss v. 08.02.2018 – Az.: 23 U 1932/17).
Gerade bei Verstößen gegen das Ausschließlichkeitsgebot wird deutlich wie Bedeutsam die Umstände des konkreten Einzelfalles für die Frage der Entbehrlichkeit einer Abmahnung sind. Teilweise wiegen hier Verstöße so schwer, dass eine Abmahnung als entbehrlich angesehen werden kann (siehe z.B. OLG München: Entbehrlichkeit der Abmahnung bei Wettbewerbsverstoß). Bei geringfügigen Verstößen sind aber auch durchaus Urteile aus der Rechtsprechung bekannt, in denen das Vertrauensverhältnis durch eine Abmahnung hätte wiederhergestellt werden können (siehe BGH: Geringfügiger Verstoß gegen Wettbewerbsverbot rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung).
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Im Ausspruch einer Abmahnung liegt in der Regel ein konkludenter Verzicht des Abmahnenden auf das Kündigungsrecht aus den abgemahnten Gründen. Nach erfolgter Abmahnung kann eine außerordentliche Kündigung also oftmals nicht mehr auf die abgemahnten Gründe gestützt werden. Wurde eine Abmahnung ausgesprochen kann bei einem erneuten, vergleichbaren wichtigen Grunde jedoch oftmals die außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden, ohne vorherige erneute Abmahnung. Liegt allerdings zwischen den beiden Vertragswidrigkeiten ein längerer Zeitraum kann eine erneute Abmahnung erforderlich werden.
Ergibt die Auslegung der Abmahnungserklärung allerdings, dass der Abmahnende die Angelegenheit mit der Abmahnung nicht als erledigt ansieht, ein Verzicht also nicht gewollt war, so kann auch nach erfolgter Abmahnung noch eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden (siehe auch OLG München: Außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages bei mehrmaligem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot).
Erfolgt eine außerordentliche Kündigung ohne eine erforderliche vorherige Abmahnung, so kann dies zur Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung führen. Das Handelsvertreterverhältnis bleibt dann zunächst bestehen. Der andere Vertragsteil kann dann entweder am Handelsvertretervertrag bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist festhalten und z.B. weitere Rechte aus dem Vertragsverhältnis herleiten (siehe hierzu OLG Düsseldorf: Provisionsanspruch nach außerordentlicher Kündigung) oder aber die unwirksame Kündigung der Gegenseite selbst zum Anlass einer außerordentlichen Kündigung nehmen (siehe auch OLG Stuttgart: Außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages wegen unberechtigter fristloser Kündigung des Vertragspartners, LG Hamburg Urteil v. 13.02.2009 – Az.: 412 O 111/08).
Aus persönlicher Sicht wiegen Vertragsverstöße und Fehlverhalten des Vertragspartners oft so schwerwiegend, dass unbedingt die Beendigung des Handelsvertretervertrages gewünscht ist. Oftmals wird – zumindest in der eigenen Wahrnehmung – das Vertrauensverhältnis als endgültig zerstört betrachtet. Auch weil eine Abmahnung die Gefahr mit sich bringt, dass sich der Vertragspartner im Anschluss nichts mehr zu Schulden kommen lässt und durch die Abmahnung auf die außerordentliche Kündigung jedenfalls für die abgemahnten Gründe verzichtet worden ist, entscheiden sich einige Beteiligte oftmals auf eine vorherige Abmahnung der Gegenseite zu verzichten und gleich die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages zu erklären. Dabei wird oftmals verkannt, dass die eigene außerordentliche Kündigung durch einen Verzicht auf die Abmahnung rechtlich angreifbar wird.
Handelsvertreter, die eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung erhalten haben, sollten daher durchaus erwägen, die rechtliche Wirksamkeit einer solchen außerordentlichen Kündigung gerade im Hinblick auf die Entbehrlichkeit einer Abmahnung hin rechtlich prüfen zu lassen. Wollen sie hingegen selbst das Handelsvertreterverhältnis aus wichtigem Grund beenden, so sollten sie im Vorwege rechtlich prüfen lassen, ob vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nicht eine Abmahnung der Gegenseite erforderlich ist. Dabei sollte auch beachtet werden, dass außerordentliche Kündigungen innerhalb einer angemessenen Überlegungszeit zu erfolgen haben (siehe hierzu auch BGH: Kündigungsfrist bei außerordentlicher Kündigung des Handelsvertretervertrages?). Es kann sich daher durchaus empfehlen, zeitnah rechtlichen Rat einzuholen. Gerne steht hierfür auch die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow zur Verfügung.
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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