Entbehrlichkeit der Abmahnung bei Wettbewerbsverstoß (OLG München)

Das OLG München hat mit seinem Beschluss vom 04.02.2009 (Az.: 7 U 5575/08) über die Entbehrlichkeit einer Abmahnung bei einem Wettbewerbsverstoß entschieden.

Kündigung des Handelsvertretervertrages ohne vorherige Abmahnung

Strittig war in dem Verfahren, ob dem Handelsvertreter gegen das Unternehmen ein Provisionsanspruch für den Monat Mai 2008 zustand. Hierfür war entscheidungserheblich, ob das Unternehmen den Handelsvertretervertrag begründet am 23.04.2008 außerordentlich gekündigt hat. Die außerordentliche Kündigung und damit die Beendigung des Handelsvertretervertrages wurde auf einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot / Ausschließlichkeitsgebot gestützt.

Dem Handelsvertreter war aus der Vergangenheit bekannt, dass das Unternehmen Tätigkeiten für Konkurrenzunternehmen ohne ausdrückliche Zustimmung seinerseits nicht dulde. Deswegen waren in der Vergangenheit nur durch ausdrückliche Zusatzvereinbarungen dem Handelsvertreter die Vertretung neuer Kunden gestatte worden.

Mit Schreiben vom 23.01.2007 und vom 25.06.2007 teilt der Handelsvertreter dem Unternehmen mit, er denke über die Aufnahme eines weiteren Labels nach. Dieses Label stammte allerdings von dem direkten Konkurrenzunternehmen, welches alsbald auch von dem Handelsvertreter mit vertreten wurde. Daraufhin erklärte das Unternehmen am 23.04.2008 die außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung.

Abmahnung des Handelsvertreters entbehrlich?

Das OLG München stellt fest, dass die Aufnahme einer Tätigkeit für das Konkurrenzunternehmen, ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung gem. § 89a HGB darstellt. Ein solches Verhalten sei eine schwerwiegende Vertragsverletzung und ein solch gewichtiger Vertrauensbruch, dass eine Abmahnung die Vertrauensbasis nicht wiederherstellen könne und sie somit entbehrlich ist.

Besonderheit des Falles war dabei jedoch, dass dem Handelsvertreter aus der geübten Praxis bekannt war, dass das Unternehmen die Aufnahme von Konkurrenzunternehmen ohne vorherige ausdrückliche schriftliche Genehmigung nicht dulde. Für den Handelsvertreter war dadurch erkennbar, dass das Unternehmen auf die Einhaltung der Vertragsklauseln besteht. Es war zudem ersichtlich, dass das Unternehmen einer Tätigkeit für ein unmittelbares Konkurrenzunternehmen ohne weiteres nicht zustimmen würde.

Der Handelsvertreter hätte das Unternehmen daher vorher um eine schriftliche Zustimmung bitten müssen. Die Übersendung von Tätigkeitsanzeigen kann nicht die schriftliche Zustimmung, wie der Vertrag sie vorsieht und es in der Vergangenheit praktiziert wurde, ersetzen. Zudem kann das Schweigen des Unternehmens auf die Schreiben nicht als Zustimmung angesehen werden. Somit hat der Handelsvertreter durch die Aufnahme des direkten Konkurrenzunternehmens, ohne vorherige Zustimmung des alten Unternehmens, gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen. Dieser Verstoß berechtigte das Unternehmen zur außerordentlichen Kündigung ohne vorherige Abmahnung, wodurch kein weiterer Provisionsanspruch des Handelsvertreters bestand.

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Fazit zur Entscheidung des OLG München 

Die breite Aufnahme des Vertriebes von Produkten eines Konkurrenzunternehmens stellt einen erheblichen Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot dar. Daher betrachtete das OLG München eine Abmahnung vor einer außerordentlichen Kündigung des Handelsvertretervertrages als entbehrlich. Im Versicherungsvertrieb sind jedoch regelmäßig auch die Besonderheiten der Versicherungsbranche zu beachten. Versicherungsvertreter werden wohl nur selten – auch in der Außendarstellung – die Produkte anderer Versicherer vertreiben. Oftmals bleibt die Außendarstellung als Ausschließlichkeitsvertreter eines Versicherers gewahrt und die Vermittlung von Produkten konkurrierender Versicherer erfolgt nur in Einzelfällen. Hier sieht die Rechtsprechung daher durchaus Verstöße von Versicherungsvertreter gegen das Ausschließlichkeitsgebot als geringfügig an, was wiederum vor einer außerordentlichen Kündigung eine vorherige Abmahnung erforderlich machen kann  (siehe BGH: Geringfügiger Verstoß gegen Wettbewerbsverbot rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung). Es bedarf also stets der genauen Bewertung des konkreten Einzelfalles um zur ermitteln, ob eine Abmahnung vor einer außerordentlichen Kündigung entbehrlich ist. Aus Sicht des Versicherungsvertreters dürfte es sich daher durchaus anbieten eine ohne vorherige Abmahnung erklärte außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages im Hinblick auf das Erfordernis einer Abmahnung im konkreten Einzelfall rechtlich prüfen zu lassen. Gerne steht hierfür auch die u.a. im Handelsvertreterrecht spezialisierte Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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