Die Anlagevermittlung (BGH)

Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 13.01.2000 (Az.: III ZR 62/99) mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen bei einer Anlagevermittlung ein Auskunftsvertrag entsteht und welche Pflichten der Anlagevermittler aus einem solchen Vertrag hat.

 Sachverhalt vor dem BGH

Im konkreten Fall verlangte ein Anlageinteressent vom Anlagevermittler Schadensersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Auskunftspflichten beim Erwerb einer Kapitalanlage.

Der Anlagevermittler hatte dem Anlageinteressenten mehrere Kapitalanlagen in Form von unternehmerischen Beteiligungen vermittelt. Ein Jahr nach Unterzeichnung der letzten Beteiligung geriet die Anlagegesellschaft in Vermögensverfall. Dabei stellte sich heraus, dass die Anlagegesellschaft nach dem Schneeballsystem gearbeitet hatte.

Der Anlageinteressent behauptete, dass der Anlagevermittler seine Auskunftspflichten, die ihm als Anlagevermittler oblegen hätten, schlecht erfüllt habe. Er sei verpflichtet gewesen, den Kläger über das Kapitalanlagesystem der Anlagegesellschaft zu informieren und ihn auf die Besonderheiten hinzuweisen um eventuelle Informationslücken zu offenbaren. Demzufolge begehrte der Anlageinteressent nunmehr Schadensersatz vom Anlagevermittler.

Entscheidung

Nach Ansicht des BGH kommt zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend dann zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler mit der gewünschten Tätigkeit beginnt.

Ist zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag zustande gekommen, so ist der Anlagevermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für den Anlageentschluss des Anlageinteressenten von besonderer Bedeutung sind. Dazu bedarf es – jedenfalls grundsätzlich – vorab der eigenen Information des Anlagevermittlers hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und der Bonität des Kapitalsuchenden. Denn ohne zutreffende Angaben über die hierfür maßgeblichen Umstände kann der Anlageinteressent sein Engagement nichtzuverlässig beurteilen und keine sachgerechte Anlageentscheidung treffen. Liegen dazu objektive Daten nicht vor oder verfügt der Anlagevermittler mangels Einholung entsprechender Informationen insoweit nur über unzureichende Kenntnisse, so muss er dies dem Anlageinteressenten zumindest offenlegen

Im Ausgangsfall des BGH sah dieser einen Auskunftsvertrag als wirksam zustande gekommen an und bejahte auch eine Pflichtverletzung des Anlagevermittlers.

Fazit

Ein im Rahmen einer Anlagevermittlung geschlossener Auskunftsvertrag verpflichtet den Anlagevermittler nicht genauso weitreichend, wie dies ein Anlageberatungsvertrag für gewöhnlich tut (siehe hierzu BGH: Der Anlageberatungsvertrag). Auch aus einem bloßen Auskunftsvertrag im Zusammenhang mit einer Anlagevermittlung können jedoch weitreichende Auskunftsverpflichtungen des Anlagevermittlers resultieren. Verletzt der Anlagevermittler eine solche Auskunftsverpflichtung, so kann ihn dies zum Schadensersatz gegenüber dem Anlageinteressenten verpflichten. Nähere Informationen hierzu finden Sie auch unter Bank- und Kapitalmarktrecht.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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