Vereinbarung über die Anwendbarkeit der Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruches (LG Düsseldorf)

Das LG Düsseldorf hatte mit Urteil vom 19.07.2005 (Az.: 32 O 217/04) zu entscheiden, ob eine vertragliche Vereinbarung über die Anwendbarkeit der Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruches für eine Versicherungsvertreterin bindend ist.

Hintergrund

Vorliegend verlangte eine Versicherungsvertreterin vom Versicherer einen Ausgleichsanspruch. In dem im Jahr 1985 geschlossenen Handelsvertretervertrag war für den Fall der Beendigung des Handelsvertretervertrages vereinbart, dass ein nach §89b HGB etwa gegebener Ausgleichsanspruch unter Anwendung der „Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruches“ berechnet werden würde.

Im Jahr 2003 kündigte der Versicherer den Handelsvertretervertrag mit der Versicherungsvertreterin und teilte dieser mit, dass er den auf Grundlage der Grundsätze errechneten Ausgleichsanspruch auf ihrem Konto gutschreiben wird, sobald eine von der Versicherungsvertreterin gegengezeichnete Einverständniserklärung vorliegt. Daraufhin weigerte sich die Versicherungsvertreterin jedoch die vorgelegte Einverständniserklärung zu unterzeichnen. Hinsichtlich der Berechnung des Ausgleichsanspruchs verwies sie den Versicherer auf die Vorschrift §89b HGB. Der Versicherer legte hingegen dar, den Ausgleichsanspruch der Versicherungsvertreterin anhand der zuvor vertraglich vereinbarten Grundsätze richtig errechnet zu haben. Nun stellt sich die Frage, ob die Versicherungsvertreterin hinsichtlich Errechnung ihres Ausgleichsanspruches an die vertragliche Vereinbarung über die Grundsätze zwingend gebunden ist.

LG Düsseldorf: Vertragliche Vereinbarung über die Anwendbarkeit der Grundsätze ist für die Versicherungsvertreterin nicht bindend

Die Düsseldorfer Richter kamen zum Ergebnis, dass eine vertragliche Vereinbarung über die Anwendbarkeit der Grundsätze im Handelsvertretervertrag zur Errechnung des Ausgleichsanspruches für die Versicherungsvertreterin nicht bindend ist. Demnach ist eine individuell generalisierende Betrachtungsweise erforderlich. Hierbei ist entscheidend, ob irgendeine Vertragspartnerin des Versicherers durch die Verwendung dieser Klausel im Vertrag benachteiligt werden kann. Liegt eine Benachteiligung der Versicherungsvertreterin vor, so stellt die Anwendbarkeit der Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruches ein Verstoß gegen §307 BGB dar. Die Berücksichtigung der Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruches im Handelsvertretervertrag stellten nach Ansicht des LG Düsseldorf im konkreten Fall für die Versicherungsvertreterin eine unangemessene Benachteiligung dar, denn die Grundsätze nehmen die Berechnung des Ausgleichsanspruches anders als nach den vom Gesetzgeber festgelegten Kriterien in §89b HGB fest.

Nichtsdestotrotz sind die Grundsätze nicht unbeachtlich. Laut LG Düsseldorf erleichtern die Grundsätze der Versicherungsvertreterin die Darlegung ihrer Provisionsverluste, binden sie aber nicht. So steht der Versicherungsvertreterin frei, sich im Prozess auf diese Grundsätze zu berufen.

Fazit

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass eine Versicherungsvertreterin an die vertragliche Vereinbarung über die Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruches im Handelsvertretervertrag nicht gebunden ist. Falls die Berücksichtigung der Grundsätze für die Versicherungsvertreterin eine unangemessene Benachteiligung darstellt, kann diese sich auf die Vorschrift des §89b HGB verweisen und den Endbetrag des Ausgleichsanspruches nach den gesetzlichen Vorschriften geltend machen. Dies ist indes oftmals schwierig, sodass eine Berechnung des Ausgleichsanspruches nach den Grundsätzen oftmals die einfachere Variante zur Bezifferung der eigenen Ausgleichsansprüche ist. Nicht zuletzt deshalb nutzt auch der BGH die Grundsätze als Schätzungsgrundlage der Anspruchshöhe (siehe hierzu BGH: Anwendbarkeit der Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruches).

Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte hat sich u.a. das Handelsvertreterrecht spezialisiert und steht für Rückfragen ebenso wie für eine Interessensvertretung gerne zur Verfügung.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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