Beweislast beim Hagelschaden bei gleitender Neuwertversicherung (OLG Dresden)

Mit Hinweisbeschluss vom 12.01.2018 (Aktenzeichen: 4 U 1487/17) hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden entschieden, dass einem Versicherungsnehmer die Beweislast beim Hagelschaden trotz gleitender Neuwertversicherung obliegt.

Hagelschaden am Dach

Die Versicherungsnehmerin hatte eine Wohngebäudeversicherung abgeschlossen. Hagelschäden gehörten in den vereinbarten Wohngebäudeversicherungsbedingungen zu den versicherten Risiken.

Die Versicherte meldete einen Schaden durch Hagelschlag am Dach ihres Hauses. Der vom Versicherer eingeschaltete Sachverständige hielt jedoch angesichts des eher untypischen Schadenbildes Schäden durch Hagelkörner für ausgeschlossen bzw. für nicht eindeutig feststellbar. Bei zahlreichen Abplatzungen und Schadstellen sowie Löchern handelte es sich laut Sachverständigen um alte Beschädigungen. Der Versicherer ging daher davon aus, dass am streitgegenständlichen Dach tatsächlich kein Hagelschaden eingetreten war und verweigerte die Versicherungsleistung.

Gleitende Neuwertversicherung

Es können grundsätzlich verschiedene Versicherungswerte vereinbart werden. In der Praxis kommt am häufigsten das Modell der gleitenden Neuwertversicherung zum Einsatz. Die meisten Ein- und Mehrfamilienhäuser sind zum gleitenden Neuwert versichert. Der gleitende Neuwert ist der Betrag, der aufzuwenden ist, um Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand herzustellen . Maßgeblich ist der ortsübliche Neubauwert einschließlich Architektengebühren und sonstige Konstruktions- und Planungskosten.

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OLG Dresden: Beweislast beim Hagelschaden trotz gleitender Neuwertversicherung

Das OLG Dresden macht in seiner Entscheidung nochmals deutlich, dass ein Versicherungsnehmer grundsätzlich für die Behauptung, die festgestellten Beschädigungen beruhen auf einem versicherten Ereignis, beweisbelastet ist. Vorliegend gelang der Versicherungsnehmerin nach Ansicht des OLG der Nachweis, dass die Löcher im Dach durch Hagel verursacht wurden, nicht. Aufgrund der Bekundungen der eingesetzten Sachverständigen sah es das OLG vielmehr für widerlegt, zumindest aber für nicht bewiesen an, dass die Löcher im Dach durch Hagel verursacht worden seien.

Laut OLG Dresden sollte einem Versicherungsnehmer der Schadensnachweis auch dann nicht erspart bleiben, wenn der Versicherer ein altes, sanierungsbedürftiges Dach zum gleitenden Neuwert versichert hat. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass der Versicherer mit seiner Bereitschaft zur gleitenden Neuwertversicherung auf diesen Schadensnachweis verzichten will. Die Versicherungsnehmerin war somit vorliegend trotz gleitender Neuwertversicherung zum Nachweis der Dachbeschädigung durch ein versichertes Ereignis verpflichtet.

Hinweis für die Praxis

Die Entscheidung des OLG Dresden macht deutlich, dass ein Versicherungsnehmer in der Wohngebäudeversicherung für seine Behauptung, eine Dachbeschädigung sei auf ein versichertes Ereignis zurückzuführen, in jedem Fall die Beweislast trägt. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherer vor der Antragsannahme eine Ortsbegehung vorgenommen und in deren Folge das Gebäude einschließlich des Daches zum gleitenden Neuwert versichert hat.

Vor diesem Hintergrund sollte jede Leistungsverweigerung einer Versicherung zeitnah juristisch überprüft werden. Gerade bei Leistungsablehnungen von Gebäudeversicherungen sind viele rechtliche Aspekte zu überprüfen und beachten. An dieser Stelle hätte der Versicherungsnehmer auch im Vorwege darauf hingewiesen werden können, dass diesbezüglich ein Anspruch auf die sogenannte „Neuwertspitze“ möglicherweise nicht besteht. Auch ist an dieser Entscheidung zu erkennen, dass es sinnvoll ist frühzeitig anwaltliche Expertise in Anspruch zu nehmen, da ansonsten die vertraglich zugesicherten Ansprüche des Versicherten vereitelt werden könnten.

Weitere Informationen und Rechtsprechungen haben wir für Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Gebäudeversicherung“ zusammengefasst.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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