Das Oberlandesgericht Schleswig (Urt. v. 04.03.2011 Az. 14 U 86/10) hatte sich mit der Frage der Nachbearbeitung durch standardisierte Mahnschreiben zu befassen. Entscheidend war dabei, ob es ausreichend sein kann, wenn der Versicherer den zahlungsunwilligen Versicherungsnehmer nach Einstellung der Prämienzahlung im Rahmen eines automatisierten Mahnverfahrens durch drei aufeinander folgende Mahnschreiben unter Hinweis auf die Rechtsfolgen zur Wiederaufnahme der Zahlungen auffordert.
Der Versicherungsvertreter war als selbstständiger Versicherungsvertreter für eine Vertriebsgesellschaft im Bereich der Vermittlung von Lebens- und Rentenversicherungen tätig. Nachdem die es bzgl. der Vermittlung der Versicherungsverträge zu Stornierungen durch die Versicherungsnehmer kam, wendete sich die Vertriebsgesellschaft an ihren selbstständigen Versicherungsvertreter und verlangte die anteilige Rückzahlung der bereits gezahlten Provisionen.
Auf Grund dessen stellte sich die Frage, inwiefern der Versicherer seiner Nachbearbeitungspflicht genüge getan hatte. Zu berücksichtigen war hierbei, welche Nachbearbeitungsmaßnahmen der Versicherungsvertreter zur Erhaltung seines Provisionsanspruchs treffen würde, wenn ihm die Nachbearbeitung überlassen worden wäre.
Ein Provisionsrückforderungsanspruch steht dem Versicherer und damit auch seiner Vertriebsgesellschaft lediglich dann zu, wenn entweder eine Stornogefahrenmitteilung an den Versicherungsvermittler versandt ist oder der Versicherer eigene Maßnahmen zur Stornobekämpfung ergreift. Fasst sich der Versicherer den Entschluss selbst tätig zu werden, so muss die Stornobekämpfung des Versicherers den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge genügen. Insofern müssen die Nachbearbeitungsmaßnahmen des Versicherers nach Art und Umfang vergleichbar zu denjenigen sein, die ein Versicherungsvermittler ebenfalls ergreifen würde. Dies bedarf natürlich einer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (siehe hierzu ausführlich Rückforderung von unverdienten Provisionen: So kann sich der Versicherungsvertreter wehren).
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 01.12.2010 (VIII ZR 310/09) klargestellt, dass eine Stornobekämpfung durch ein einzelnes standardisierte Mahnschreiben nicht ausreichend ist, um als Versicherer eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung durchzuführen. Im Rückforderungsprozess hätte der Versicherer daher weitere Maßnahmen darzulegen, damit er seiner Nachbearbeitungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Anderenfalls dürfte der Versicherer keinen Anspruch auf die Rückzahlung der bereits gezahlten Provision zustehen. Die Kanzlei Jöhnke& Reichow aus Hamburg hat zu der vorgenannten BGH-Entscheidung bereits einen ausführlichen Artikel verfasst: siehe hierzu BGH: Stornobekämfung durch standardisierte Mahnschreiben
Aufbauend auf der BGH-Entscheidung hat das OLG Schleswig nun entschieden, dass es aber ausreichend sein kann, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer nach Einstellung der Prämienzahlung im Rahmen eines automatisierten Mahnverfahrens durch drei aufeinander folgende Mahnschreiben unter Hinweis auf die Rechtsfolgen, die sich aus der Einstellung der Prämienzahlung ergeben, zur Wiederaufnahme der Zahlungen auffordert. Hierbei muss das Versicherungsunternehmen dem Versicherungsnehmer auch schriftlich ein Gesprächsangebot unterbreiten. Dadurch soll eine Bereitschaft des Versicherers für eine Hilfeleistung beurkundet werden.
Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow vertritt ihre Mandanten bundesweit vor Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.
Das OLG Schleswig hält die Nachbearbeitung durch standardisierte Mahnschreiben bei drei aufeinander folgende Mahnschreiben für ausreichend. Diese Auffassung wirft allerdings die Frage auf, inwiefern die Entscheidung des OLG mit dem Kernbereich des genannten BGH-Urteils aus dem Jahr 2010 zu vereinbaren ist. Zwar geht das OLG Schleswig von einer Vereinbarkeit seiner Entscheidung mit der vorherigen BGH-Entscheidung aus, allerdings ließe sich hiergegen durchaus Argumente finden. So ist nicht ersichtlich, weshalb ein standardisiertes Mahnschreiben nicht ausreichend sein soll, drei identisch hintereinander versendete Schreiben hingegen schon. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer dürfte allein durch die Wiederholung einer Zahlungsaufforderung nicht mehr zur Fortführung des Versicherungsverhältnisses angehalten werden, als dies bereits bei der erstmaligen Zahlungsaufforderung der Fall gewesen ist. Daher bleibt es abzuwarten, ob und wie der BGH in zukünftigen Verfahren sich die Rechtsansicht des OLG Schleswig zu eigen machen wird.
Trotz der Entscheidung des OLG Schleswig ist anzumerken, dass es bzgl. der Berechtigung zur Provisionsrückforderungen stets auf die Berücksichtigung des Einzelfalls ankommt. Wir empfehlen daher jede Provisionsrückforderung des Versicherers einer anwaltlichen Überprüfung zuzuführen. Gerne steht hierfür auch die im Handelsvertreterrecht und Vertriebsrecht tätige Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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