Hinweispflichten beim Online-Versicherungsvergleich (LG Heidelberg)

Genügt ein Online-Versicherungsvergleich den Anforderungen des § 60 VVG, wonach der Versicherungsnehmer vor Abgabe seiner Vertragserklärung ggf. auf eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl ausdrücklich hinzuweisen ist, dadurch, dass er über einen Link eine Liste der teilnehmenden und nicht teilnehmenden Versicherer zugänglich macht? Darüber hatte das LG Heidelberg zu befinden (LG Heidelberg, Urt. v. 06.03.2020 – 6 O 7/19).

Der Sachverhalt vor dem LG Heidelberg

Unter verivox.de, ein sogenanntes „Online-Vergleichsportal“, bietet die Beklagte u.a. Versicherungsvergleiche an. Nach Eingabe der persönlichen Daten erhalten Nutzer eine Liste mit in Frage kommenden Versicherern, zu denen jeweils ein Button für einen Online-Versicherungsantrag angezeigt wird. In den Vergleich einbezogen werden nur die Versicherer, die mit der Beklagten eine Provisionsvereinbarung getroffen haben. Über einen Link “Teilnehmende Gesellschaften” bzw. “Verbraucherinformationen” wird eine Liste der teilnehmenden und nicht teilnehmenden Versicherer dem Nutzer zugänglich gemacht.

Der Kläger, die Verbraucherzentrale Bundesverband, beanstandet dieses Verhalten als wettbewerbswidrig und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Der Verband ist der Auffassung, dass es an dem nach § 60 Abs. 1 S. 1 VVG erforderlichen ausdrücklichen Hinweis fehle, dass dem Vergleich eine nur eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl zugrunde gelegt werde. Zudem werde den Verbrauchern entgegen § 60 Abs. 2 S. 1 VVG auch nicht mitgeteilt, auf welcher Markt- und Informationsgrundlage die Vermittlungsleistung erbracht werde.

Die Entscheidung des LG Heidelberg

Die Klage hat Erfolg. Die Beklagte verstößt gegen § 60 Abs. 1 S. 2 VVG, weil sie bei ihrem Preisvergleich vor dem Abschluss des Versicherungsvertrags nicht ausdrücklich auf die eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl hinweise. Jedoch sei sie dazu verpflichtet, weil sie ihrem Rat nur diejenigen Versicherer zugrunde lege, von denen sie aufgrund entsprechender Abreden eine Courtagezahlung erwarten könne.

Dazu führt das LG aus, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung nicht dadurch nachkomme, dass sie Informationen zu den teilnehmenden und nicht teilnehmenden Versicherern zur Verfügung stellt. Einerseits sei diese Information nur über unauffällig gestaltete Schaltflächen „Teilnehmende Gesellschaften“ bzw. „Verbraucherinformation“ erreichbar. Andererseits müsse der Kunde aus der Bezeichnung dieser Schaltflächen schlussfolgern, dass es auch nicht teilnehmende Versicherer gebe und deren Anteil zudem so groß sei, dass von einer lediglich eingeschränkten Beratungsgrundlage ausgegangen werden könne, so das Gericht.

Schließlich teile die Beklagte dem Kunden entgegen § 60 Abs. 2 S. 1 VVG auch nicht mit, auf welcher Markt- und Informationsgrundlage sie ihre Leistung erbringt. Dabei könne sie sich insbesondere nicht darauf berufen, die konkreten Marktanteile nicht zu kennen, die von ihrer Beratung abgedeckt werden. Das Landgericht meint, dass es von einem Versicherungsmakler erwartet werden könne, entweder aufgrund seiner Qualifikation eine ungefähre Schätzung vorzunehmen oder aber darauf hinzuweisen, dass ihm diese nicht möglich sei und der Marktanteil daher ggf. gering sein könne, abschließend das Gericht.

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Hinweis für die Praxis

Die Entscheidung des LG Heidelberg kann im Ergebnis nicht überzeugen. Denn mit dieser Entscheidung werden die maßgeblichen Pflichten eines Versicherungsmakler „überdehnt“. Rein beispielhaft sei zu erwähnen, dass Versicherungsmakler mit beispielsweise an Direktversicherungen keine Anbindungen haben, folglich auch keine Vermittlungscourtage erhalten. Gerade diese Versicherer berücksichtigen zu müssen, erscheint als Maklerpflicht äußerst zweifelhaft.

Aus diesem Grund hat die Beklagte unter anderem auch Berufung zum OLG Karlsruhe eingelegt. Über dieses Verfahren hat die Kanzlei Jöhnke & Reichow berichtet. Diese Entscheidungsbesprechung können Sie HIER nachlesen.

Zwar gibt es bereits vergleichbare Rechtsprechung durch ähnlich lautende Urteile:

Doch die Gerichte haben sich in all diesen Fällen nicht umfassend mit den sich aus § 60 VVG ergebenden Pflichten des Versicherungsmaklers vollumfänglich befasst. Zwar findet eine Auseinandersetzung zweifelsohne statt. Jedoch werden viele andere Argumente gar nicht diskutiert und / oder gewürdigt. Es mag sein, dass die beteiligten Rechtsanwälte dazu nicht vorgetragen haben. Denn dieses wird aus den Urteilen nicht immer ganz deutlich. Jedoch gibt es auch Argumente, die gegen diese „enormen Maklerpflichten“ sprechen, bzw. diese auch ein wenig mehr eingrenzen.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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