Versicherungsbetrug: Worauf sollte der Versicherungsvermittler achten?

Den Vorwurf „Versicherungsbetrug“ werden wahrscheinlich viele Versicherungsvermittler vehement von sich weisen, sollten sie mit diesem konfrontiert werden. Versicherungsvermittler sehen sich für gewöhnlich als redliche Kaufleute, die an einem solchen „Delikt“ sicher nicht mitwirken. Der Blick ins Detail zeigt jedoch, dass der Vorwurf eines strafbaren Verhaltens oftmals nicht einfach von der Hand zu weisen ist. Der vorliegende Artikel soll daher verdeutlichen, wann der Versicherungsvermittler in die Gefahr kommt sich wegen Versicherungsbetrug strafbar zu machen und welche Folgen dies für ihn haben kann.

Viele Versicherungsnehmer reagieren mit Unverständnis, wenn ein Schadensereignis nicht geeignet ist, Ansprüche aus der Versicherung auszulösen. Gerade wenn die Versicherungsnehmer über mehrere Jahre Prämien für eine Versicherung gezahlt haben, entsteht dort die Auffassung nun sei es an der Zeit, dass auch der Versicherer mal zahlen müsse. Oftmals besteht dann die Bereitschaft die Schadensmeldung so zu formulieren, dass es für die Versicherung auch „passt“. Vom Versicherungsvermittler vor Ort wird dann verlangt, die passende Formulierung in die Schadensanzeige aufzunehmen, damit möglichst umgehend der Versicherer die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag bereitstelle. Unrechtsbewusstsein haben einige Versicherungsnehmer hierbei kaum – schließlich trifft es ja mit dem Versicherer ohnehin keinen Armen.

 

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Was ist eigentlich Versicherungsbetrug?

Der Versicherungsbetrug als eigenständigen Straftatbestand ist gesetzlich nicht geregelt. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen Unterfall des Betruges nach § 263 StGB. Voraussetzung der Strafbarkeit ist dabei das Täuschen über Tatsachen um dabei beim Opfer einen Irrtum hervorzurufen, damit dieses dann aufgrund dessen über das eigene Vermögen verfügt und hierdurch einen Vermögensschaden beim Opfer entstehen lässt.

Opfer des Versicherungsbetruges ist dabei klassischerweise der Versicherer. Beim Versicherungsbetrug soll der Versicherer dabei regelmäßig dazu bewogen werden, eine Versicherungsleistung auszukehren, obwohl der Versicherungsnehmer hierauf keinen Anspruch hat. Dies geschieht meistens indem ein Sachverhalt vorgetäuscht oder so dargestellt wird, dass der Versicherer zur Versicherungsleistung verpflichtet wäre.

Täter, Anstiftung, Beihilfe und Begünstigung

Auch der Versicherungsvermittler kann Täter eines Versicherungsbetruges sein, z.B. wenn er den Sachverhalt im Rahmen der Schadensmeldung eigenmächtig so darstellt, dass Versicherungsschutz besteht. Regelmäßig wird aber eher der Versicherungsnehmer die Schadensmeldung abgeben, sodass er und nicht der Versicherungsvermittler Täter des Versicherungsbetruges wäre. Auch in diesen Fällen kann aber eine Strafbarkeit des Versicherungsvermittlers in Betracht kommen.

Diese Strafbarkeit kann sich dabei auf verschiedenster rechtlicher Grundlage ergeben. Ruft der Versicherungsvermittler beispielsweise in dem Versicherungsnehmer den Entschluss zum Versicherungsbetrug hervor – bringt ihn also sozusagen auf die „Idee“ – so kann dies bereits als Anstiftung strafbar sein. Auch könnte die Weiterleitung der unrichtigen Schadensfallmeldung als Beihilfehandlung zu werten sein. Kommt es hingegen nach der Übermittlung der Schadensfallmeldung zu Rückfragen des Versicherers, welche vom Versicherungsvermittler bewusst wahrheitswidrig beantwortet werden, so könnte hierin eine Begünstigung zu sehen sein.

Versicherungsbetrug hat weitreichende Folgen für Versicherungsvermittler

Die Beteiligung an einem Versicherungsbetrug kann weitreichende rechtliche Folgen für Versicherungsvermittler haben. Diese gehen weit über die offenkundige Strafrechtsverfolgung hinaus.

Zivilrechtlich ergeben sich umfangreiche Haftungsfolgen nach § 823 Abs.2 BGB – auch gegenüber dem Versicherer. Als Mittäter, Anstifter oder auch Gehilfe haftet der Versicherungsvermittler gegenüber dem Versicherer gesamtschuldnerisch mit dem Versicherungsnehmer z.B. auf Rückzahlung der zu Unrecht ausgekehrten Versicherungsleistung. Selbstverständlich besteht für diesen Fall kein Versicherungsschutz im Rahmen der Berufshaftpflichtversicherung.

Die Beteiligung am Versicherungsbetrug dürfte natürlich auch das Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsvermittler erheblich zerrütten. Dies könnte der Versicherer zum Anlass nehmen den Vermittlervertrag außerordentlich und fristlos aus wichtigem Grund zu kündigen. Ist der Versicherungsvermittler als Handelsvertreter tätig gewesen, könnte dies auch zum Ausschluss seines Ausgleichsanspruches nach § 89b Abs.3 HGB führen (siehe weiterführend hierfür: Der Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters).

Auch können sich erhebliche Folgen für die eigene Gewerbeerlaubnis ergeben. Schließlich verwirklicht der Versicherungsvermittler mit der Beteiligung an einem Versicherungsbetrug eines der Regelbeispiele, welche die Zuverlässigkeit gemäß § 34d GewO und damit eine der Voraussetzungen für die Erteilung der Gewerbeerlaubnis entfallen ließe. Die Aufsichtsbehörde hätte unter diesen Voraussetzungen also gute Gründe dem Versicherungsvermittler die Gewerbeerlaubnis zu entziehen. Damit wäre der Versicherungsvermittler der rechtlichen Grundlage seiner weiteren Tätigkeit als selbständiger Versicherungsvermittler beraubt.

Fazit

Die weitreichenden rechtlichen Folgen sind vielen Versicherungsvermittler nicht bewusst. Auch fehlt Ihnen das Bewusstsein, etwas Verbotenes zu tun. Sie bewerten den Vorgang oft als „Gefallen“ und wollen „Ihrem“ Kunden nur helfen. Der vorliegende Artikel sollte zeigen, in welch brenzlige Situation sich die Versicherungsvermittler mit solch einem Verhalten bringen. Versicherungsvermittler sind daher gut beraten, sich von Vorhinein nicht an entsprechenden Vorgängen zu beteiligen.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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