Kausalität zwischen Sturm und Schaden in der Wohngebäudeversicherung (LG Saarbrücken)

Das LG Saarbrücken entschied mit Urteil vom 02.08.2018 (Aktenzeichen: 14 O 63/16), dass einem Versicherungsnehmer aufgrund von Sturmschäden keine Ansprüche aus seiner Wohngebäude- und Hausratsversicherung zustehen, wenn die Kausalität zwischen Sturm und Schaden nicht gegeben ist.

Sachverhalt vor dem LG Saarbrücken

Infolge eines Sturms mit Windstärke 8 wurde der Gartenzaun der Versicherungsnehmerin und am versicherten Gebäude die Dachgaubenabdeckung beschädigt. Die Versicherungsnehmerin verlangte von dem Versicherer die Kosten für eine Reparatur des Daches und die Materialkosten für die Eigen-Reparatur des Gartenzauns.

Einen Monat später entstanden Schäden an Gegenständen der Versicherungsnehmerin durch Starkregen, der durch das beschädigte Dach in das Gebäude der Versicherungsnehmerin eindrang. Die Versicherungsnehmerin machte daraufhin Kosten für ein Notebook, eine Stehlampe und eine Couch geltend, die bei dem Wassereintritt ins Gebäude beschädigt wurden.

Der Zaun wurde in Eigenarbeit repariert. Der Versicherer erstattete die hierfür erbrachten  Arbeitsstunden, jedoch nicht die hierfür geltend gemachten Materialkosten. Der Versicherer lehnte die Zahlung für die Reparatur des Dachgaube und die beschädigten Gegenstände im Gebäude ab. Er begründete dies damit, dass die vorliegenden Schäden keinen versicherten Sturmschaden darstellen, da sie unabhängig von dem Sturm eingetreten waren.

Spitzengeschwindigkeit muss nicht kausal für Schaden sein

Das LG Saarbrücken entschied, dass der Wohngebäudeversicherer die Materialkosten für die Reparatur des Gartenzauns übernehmen muss.

Bei dem Zaun handelt es sich als mitversichertes Grundstücksbestandteil um eine versicherte Sache. Stürme zählen zu den versicherte Gefahren, wobei gemäß Versicherungsbedingungen ein Sturm eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 auf der Beauford-Skala ist. Der Sturm war vorliegend ursächlich für die Schäden an dem Gartenzaun.

Es ist nach Auffassung des Gerichts nicht relevant, ob die Schäden am Zaun tatsächlich erst eingetreten sind, als der Sturm bereits die Windstärke 8 erreicht hatte. Zur Bejahung der Kausalität ist es nicht nötig, dass die Schäden auch tatsächlich durch die hohe Windstärke verursacht wurden. Es muss nur zu „irgendeinem Zeitpunkt“ während des Sturms Windstärke 8 erreicht werden, damit ein Sturmschaden vorliegt. Versicherungsschutz besteht laut LG Saarbrücken auch für Schäden, die in der An- oder Ablaufphase eines Sturms durch geringere Windstärken als die Spitzengeschwindigkeit verursacht werden.

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Keine Kausalität zwischen Sturm und Schaden an der Dachgaube

Nach Auffassung des Gerichts hat, ebenso wie nach der Ansicht des Versicherers, die Versicherungsnehmerin keine Ansprüche hinsichtlich der Reparatur der Dachgaube aus der Wohngebäudeversicherung.

Diesbezüglich ist laut LG Saarbrücken kein Versicherungsfall im Rahmen der Wohngebäudeversicherung eingetreten, da der Sturm nicht kausal für den Schaden war. Voraussetzung für die notwendige Kausalität zwischen Sturm und Schaden an dem Dach ist eine unmittelbare Einwirkung in dem Sinne, dass der Sturm die letzte Ursache für den Schadenseintritt war. Vorliegend sind die Beschädigungen vielmehr auf die überschrittene Nutzungsdauer zurückzuführen. Ein Sachverständigengutachten stellte fest, dass die Dachgaubenabdeckung bereits vor dem Sturm nicht mehr funktionsfähig war und die Regensicherheit des Hausdachs bereits vor dem Sturm nicht vorlag. Die geltend gemachten Schäden haben somit bereits vor dem Sturm vorgelegen.

Keine unmittelbare Einwirkung des Sturms auf Gegenstände im Haus

Auch stehen nach Auffassung des Gerichts der Versicherungsnehmerin keinerlei Ansprüche hinsichtlich der beschädigten Gegenstände aus der Hausratsversicherung zu, denn diesbezüglich besteht kein Versicherungsschutz. Das Notebook, die Stehlampe und die Couch unterliegen zwar dem Begriff des „Hausrats“, allerdings ist kein versicherter Schaden nach den Versicherungsbedingungen vorhanden. Eine unmittelbare Einwirkung des Sturms auf die geschädigten Gegenstände liegt nämlich nicht vor. Die Gegenstände wurden erst durch den Regeneintritt ins Gebäude beschädigt.

Auch ein Folgeschaden ist nach Auffassung des Gerichts nicht gegeben. Zwar sind Nässeschäden durch im Sturm beschädigte Dächer ein typischer Fall eines solchen Folgeschadens. Allerdings liegt hier laut LG Saarbrücken bereits kein Sturmschaden am Dach des Gebäudes der Versicherungsnehmerin vor. Somit kann ein Folgeschaden eines solchen Sturmschadens auch nicht eingetreten sein.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Das LG Saarbrücken ist also der Auffassung, dass es für die Kausalität zwischen Sturm und Schaden ausreichen soll, dass zu irgendeinem Zeitpunkt des Versicherungsfalls die Windstärke 8 erreicht wird. Schäden sind auch versichert, wenn sie in der An- und Ablaufphase zum Sturmereignis verursacht werden.

Es kommt für den Versicherungsschutz aber immer darauf an, dass der Sturm unmittelbar eingewirkt und unmittelbar zum Schaden geführt hat. Um sich auf fehlenden Versicherungsschutz zu berufen, muss der Versicherer zudem konkrete Anhaltspunkte finden, beispielsweise Vorschäden, woraus erkennbar ist, dass der Schaden tatsächlich nicht unmittelbar kausal auf den Sturm zurückzuführen ist.

Für die Praxis ist damit festzustellen, dass es zwingend erforderlich ist, jede Leistungsablehnung eines Gebäudeversicherers juristisch überprüfen zu lassen. Wie man an dieser Entscheidung sieht, ist nicht jede Leistungsablehnung des Versicherers in Gänze rechtlich haltbar. Gerade wenn der Versicherer mit dem Einwand von Vorschäden die Leistungen ablehnen möchte, so muss auch dieser Einwand rechtlich im Einzelfall genauestens juristisch überprüft werden, damit keine Ansprüche des Versicherten vereitelt werden.

Weitere Informationen und Rechtsprechungen haben wir für Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Gebäudeversicherung“ zusammengefasst.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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