Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte hat in einem Verfahren vor dem Landgericht Magdeburg die Abweisung der Haftungsklage gegen Versicherungsvertreter erreicht (Aktenzeichen: 11 O 1647/17).
Nach telefonischer Vereinbarung fand ein Beratungsgespräch zu einer privaten Krankenversicherung zwischen einem Untervertreter eines Versicherungsvertreters und der späteren Versicherungsnehmerin statt. Dabei ging es um den Wechsel der privaten Krankenversicherung. Der Untervertreter überzeugte die Versicherungsnehmerin dabei von den Vorteilen eines Wechsels ihrer privaten Krankenversicherung.
Im Rahmen dieses Beratungsgespräches erklärte die spätere Versicherungsnehmerin, dass sie bereits Vorerkrankungen habe. Sie gab dabei eine Glutenunverträglichkeit und eine Vorsorgeuntersuchung bei einer Frauenärztin an. Entsprechende Vorerkrankungen wurden auch im Versicherungsantrag vermerkt. Die Versicherungsnehmerin kündigte ihre bis dahin bestehende private Krankenversicherung, nachdem der neue Krankenversicherer die Annahme des Versicherungsantrages erklärt hatte.
Die Versicherungsnehmerin reichte fortan regelmäßig die Rechnungen ihrer behandelnden Ärzte beim neuen Versicherer ein. Hieraufhin stellt der neue Krankenversicherer jedoch fest, dass weitere Vorerkrankungen nicht im Versicherungsantrag angegeben waren und erklärte daraufhin die Anfechtung des Krankenversicherungsvertrages, hilfsweise den Rücktritt wegen Anzeigepflichtverletzungen. Im Folgenden musste sich die Versicherungsnehmerin gesetzlich krankenversichern.
Die Versicherungsnehmerin erhebt nunmehr eine Haftungsklage gegen Versicherungsvertreter und nimmt dabei nun nicht den Untervertreter, sondern den ihm übergeordneten Versicherungsvertreter wegen einer angeblich fehlerhaften Beratung des Untervertreters in die Haftung. Die Versicherungsnehmerin behauptet dabei, den Untervertreter im Rahmen des Beratungsgespräches über sämtliche Vorerkrankungen ordnungsgemäß aufgeklärt zu haben. Insbesondere seien ihrerseits nicht nur eine Glutenunverträglichkeit und eine Vorsorgeuntersuchung bei einer Frauenärztin, sondern auch die Vorerkrankungen, welche schlussendlich zur Anfechtung des Versicherungsvertrages geführt haben, offengelegt worden.
Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow vertritt ihre Mandanten bundesweit vor Amtsgerichten, Landgerichten und Oberlandesgerichten. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.
Ein Versicherungsvertreter haftet grundsätzlich bei Vermittlung des Versicherungsvertrages für Beratungsfehler. Dieser unterliegt nämlich der Beratungspflicht nach § 61 Abs.1 S.1 VVG. Er hat den Versicherungsnehmer nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und zu beraten. Zudem hat er über den Inhalt des von ihm angebotenen Versicherungsschutzes zu beraten. Verletzt der Versicherungsvertreter seine Beratungspflichten und entsteht dem Versicherungsnehmer hierdurch ein Schaden, so hat der Versicherungsnehmer gem. § 63 VVG einen Schadensersatzanspruch gegen den Versicherungsvertreter (siehe hierzu ausführlich: Die Haftung des Versicherungsvertreters).
Das Landgericht Magdeburg entschied mit Urteil vom 11.09.2018 über die Haftungsklage gegen Versicherungsvertreter jedoch, dass der Versicherungsnehmerin in dem vorliegenden Fall gegenüber dem Versicherungsvertreter kein Schadensersatzanspruch aus § 63 VVG zusteht. Das Gericht entschied sich gegen eine Haftung des Versicherungsvertreters.
Das Landgericht Magdeburg stellte zunächst klar, dass die Versicherungsnehmerin hier keinen Versicherungsmakler im Sinne von § 59 Abs. 3 VVG in Anspruch nahm. Der Beklagte war vielmehr als gebundener Versicherungsvertreter nach § 34d Abs. 7 GewO tätig, denn der Beklagte erbrachte seine Tätigkeit ausschließlich im Auftrag der Krankenversicherung. Die rechtliche Stellung der Beteiligten als Versicherungsvertreter wurde insbesondere dadurch ersichtlich, dass zuvor telefonisch bei der Versicherungsnehmerin angefragt wurde, ob diese an einem Beratungsgespräch zu einer privaten Krankenversicherung interessiert sei. Diese Art der Geschäftsanbahnung spreche gegen den Abschluss eines Maklervertrages, so das Landgericht Magdeburg. Es wurde gerade deutlich, dass der beklagte Versicherungsvertreter seine Tätigkeit eben im Auftrag des Versicherers und nicht im Auftrag des Versicherungsnehmers erbringen würde.
Das LG Magdeburg verneinte die Passivlegitimation des Beklagten als Versicherungsvertreter gem. § 59 Abs. 2 VVG und wies die Klage bereit vor diesem Hintergrund ab. Gegen die Passivlegitimation des Versicherungsvertreters sprach, dass die Haftung nach § 63 VVG nur den Versicherungsvermittler vor Ort trifft. Nur dieser kann schließlich die Erforderlichkeit zur Befragung und Beratung einschätzen. Im Rahmen von Vertretungsketten trifft den jeweiligen „Obervermittler“ lediglich die Verpflichtung, die Beratungspflicht in der Kette weiterzugeben. Der Untervertreter des Versicherungsvertreters hatte sich entsprechend auch bei der Versicherten als Handelsvertreter gem. § 84 HGB vorgestellt. Anspruchsgegner der Versicherungsnehmerin für eine etwaige Fehlberatung wäre daher der Untervertreter selbst, nicht jedoch der diesem übergeordnete und hier verklagte Versicherungsvertreter.
Nach Auffassung des Landgerichts Magdeburg war dem Versicherungsvertreter auch kein Beratungsfehler anzulasten. Die Versicherungsnehmerin war nach den Ergebnissen der durchgeführten Beweisaufnahme vor Abschluss des privaten Krankenversicherungsvertrages darüber belehrt worden, dass sie im Antrag auf Versicherungsabschluss sämtliche Vorerkrankungen vollständig und wahrheitsgemäß angeben muss. Auch der Antrag auf Abschluss der privaten Krankenversicherung bei dem Versicherungsunternehmen enthält die Belehrung zur Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Angabe von Vorerkrankungen. Der Versicherungsnehmerin musste im Folgenden daher auch bewusst gewesen sein, dass sie gegenüber der Krankenversicherung Vorerkrankungen verschwieg.
Die Kanzlei Jöhnke & Reichow freut sich, dass die Haftungsklage gegen Versicherungsvertreter abgewiesen wurde. Es wird jedoch erneut deutlich, dass Versicherungsvertreter in ihrer Beratungspraxis besonders auf eine Aufklärung des Versicherungsnehmers über dessen Anzeigepflichten achten müssen und das dies auch entsprechend in der Beratungsdokumentation festgehalten wird (siehe hierzu auch Urteil des OLG Dresden vom 21.02.2017: zum Artikel). Das Urteil des LG Magdeburg zeigt erneut, wie wichtig es ist, im Haftungsfall durch Vorlage umfassender Beratungsdokumente die stattgefundene Beratungssituation belegen zu können. Andernfalls drohen Haftungsklage gegen Versicherungsvertreter erfolgreich zu sein.
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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