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Rückzahlungsanspruch bei vorgetäuschter Berufsunfähigkeit (OLG Bamberg)

Das OLG Bamberg hatte sich mit Beschluss vom 04.10.2017 (Aktenzeichen 1 U 24/17) mit einem etwaigen Rückzahlungsanspruch des Versicherers bei vorgetäuschter Berufsunfähigkeit auseinanderzusetzen. Dabei prüfte das OLG einen deliktischen Rückzahlungsanspruch wegen Betrugs aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB.

Angebliche Berufsunfähigkeit wegen Depression

Der Berufsunfähigkeitsversicherer begehrte vom Versicherungsnehmer die Rückzahlung erbrachter Versicherungsleistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Der Versicherungsnehmer stellte einen Antrag auf Rentenzahlung unter der Angabe, berufsunfähig zu sein (siehe hierzu Berufsunfähigkeit beantragen). Er gab an, an einer schweren depressiven Episode zu leiden (siehe hierzu auch Berufsunfähigkeit wegen Depression). Der Berufsunfähigkeitsversicherer zahlte Leistungen aus.

Im Nachprüfungsverfahren teilte der Versicherungsnehmer mit, dass er keine  sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausübt. Er gab an, selbstständig tätig zu sein. Eine Vertretertätigkeit für eine Vermittlungsgesellschaft verschwieg er jedoch.

Mitwirkungspflichten des Versicherungsnehmers

Bei Geltendmachung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung treffen den Versicherungsnehmer vertragsgemäß grundsätzlich Mitwirkungspflichten. Unter einer solchen Mitwirkungspflicht versteht man die Pflicht des Versicherungsnehmers, bei der Überprüfung seiner Berufsunfähigkeit aktiv mitzuwirken. Unter anderem ist der Versicherte dazu verpflichtet, Beschreibungen der bisher ausgeübten Berufstätigkeit, schriftliche Ausführungen über die Ursache der Berufsunfähigkeit, ärztliche Berichte über den Krankheitsverlauf usw. einzureichen. Im Nachprüfungsverfahren treffen den Versicherungsnehmer ebenfalls Mitwirkungspflichten. Der Versicherungsnehmer muss eine Minderung der Berufsunfähigkeit und eine Wiederaufnahme oder Änderung der beruflichen Tätigkeit unverzüglich anzeigen.

Betrug des Versicherungsnehmers

Gem. § 263 StGB muss das Opfer durch Täuschung über Tatsachen in einen Irrtum versetzt werden, der durch die Tathandlung des Täters unterhalten oder erregt wird. Durch den erregten oder unterhaltenen Irrtum muss der Getäuschte zu einer Verfügung über sein Vermögen oder das eines Dritten veranlasst worden sein, welches unmittelbar zu einen Vermögensschaden beim Getäuschten oder einem Dritten führt. Ferner muss der Täter vorsätzlich und in der Absicht handeln sich oder einem anderen/Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.

OLG Bamberg bejaht Rückzahlungsanspruch des Versicherers bei vorgetäuschter Berufsunfähigkeit

Das OLG Bamberg entschied, dass der Berufsunfähigkeitsversicherer einen deliktischen Rückzahlungsanspruch  nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB hat, da der Versicherungsnehmer nach Ansicht des OLG die Versicherungsleistungen betrügerisch erlangt hatte. Die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen des § 263 StGB liegen vor: Der Versicherte hatte den behandelnden Ärzten eine schwere depressive Erkrankung vorgetäuscht, um beim Versicherer eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit geltend machen zu können. Damit erregte er bei dem Versicherer bewusst einen Irrtum über seinen Gesundheitszustand und konnte diesen zur Auszahlung der Versicherungssumme bewegen. Der Versicherte hatte die Absicht sich hierdurch zu bereichern.

Verletzung der Mitwirkungspflicht

Hinzukommt, dass der Versicherte im Nachprüfungsverfahren nicht angab, mittlerweile bei der Vermittlungsgesellschaft vollschichtig tätig zu sein. Zu dieser Angabe wäre er jedoch im Rahmen der Mitwirkungsobliegenheit verpflichtet gewesen. Durch die unterlassene Angabe seiner beruflichen Vertretertätigkeit und der Angabe, weiterhin selbstständig im Bereich der Finanzdienstleistung tätig zu sein, hat er die Täuschung bewusst aufrechterhalten. Er erweckte nämlich dadurch beim Versicherer den Eindruck, dass der Zustand seit Antragstellung sich nicht verändert hat und dass die bei Antragstellung gegebene Situation unverändert fortbesteht.

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Fazit für die Praxis

Im Ergebnis hat der Versicherer wegen der vorgetäuschten Berufsunfähigkeit einen Rückzahlungsanspruch gegen den Versicherungsnehmer.

Bei der Frage, ob der Versicherungsnehmer seine Berufsunfähigkeit vorsätzlich i. S. d. § 263 StGB vorgetäuscht hat, spielte eine entscheidende Rolle, dass er im Nachprüfungsverfahren die Ausübung einer Tätigkeit verschwiegen hatte. Die Bedeutung der Mitwirkungsobliegenheit des Versicherungsnehmers wird mit diesem Beschluss deutlich. Die Mitwirkungsobliegenheit sollte nicht nur aufgrund ansonsten drohender Leistungsverweigerung immer beachtet werden.

Weitere Informationen und Rechtsprechungen haben wir für Sie unter „Versicherungsrecht“ und themenspezifisch unter „Berufsunfähigkeitsversicherung“ zusammengefasst. Einen Überblick finden Sie auch unter Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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