Das OLG Saarbrücken hatte sich mit Urteil vom 17.06.2015 – Aktenzeichen 5 U 22/14 – mit einem Fall der Observation des Versicherungsnehmers durch die Berufsunfähigkeitsversicherung auseinanderzusetzen.
Der Kläger verlangte von dem beklagten Versicherer Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsfreistellung. Darüber hinaus wollte der Kläger festgestellt wissen, dass der Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag (BUZ) ungekündigt fortbesteht.
Der Kläger war als Druckereisachbearbeiter tätig und bezog eine Rente wegen vollständiger Erwerbsminderung aufgrund des Gutachtens eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie. Darüber hinaus beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen wegen Berufsunfähigkeit (siehe hierzu Berufsunfähigkeit beantragen).
Eine Auskunft des Versicherers bei dem behandelnden Psychiater ergab, dass der Kläger sich in einem Zeitraum von knapp 13 Monaten lediglich zehnmal in dessen Behandlung begeben hatte. Der beklagte Versicherer holte so dann ein Sachverständigengutachten ein. Eine weitere Auskunft bei dem Psychiater ergab, dass der Kläger sich in einem Zeitraum von knapp 15 Monaten seit der letzten Auskunft lediglich achtmal in dessen Behandlung begeben hatte. So dann wurde ein drittes außergerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt.
Gegenüber den Gutachtern hatte der Kläger erklärt, alleine nicht mehr Auto fahren zu können. Der beklagte Versicherer ermittelte daraufhin, dass auf den Kläger ein Kraftfahrzeug zugelassen war. Der Versicherer ließ den Kläger so dann überwachen (observieren) und stellte fest, dass er an mehren Tagen – selbst fahrend – mit dem Kraftfahrzeug unterwegs war. Teilweise war die Ehefrau als Beifahrerin dabei. Auch teilte die Tochter der Ehefrau des Klägers mit, dass der Kläger auf der Arbeit sei und erst abends zurückkomme. Daraufhin kündigte der beklagte Versicherer den Versicherungsvertrag des Klägers außerordentlich. Der Kläger erhob so dann Klage. Das Landgericht Saarbrücken wies die Klage ab. Das OLG Saarbrücken wies die Berufung des Klägers zurück.
Das sogenannte „Berufsunfähigkeits-Verfahren“ beginnt bereits mit dem Leistungsantrag. Aus diesem Grund sollte frühzeitig kompetente und qualifizierte Unterstützung in diesem frühen Stadium des BU-Verfahrens in Anspruch genommen werden, damit „unvorhersehbare Risiken und Probleme“ des BU-Verfahrens vorhersehbar und damit kalkulierbar werden.
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Der Kläger hatte vorliegend nicht bewiesen, dass eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Vielmehr steht fest, dass der Kläger die Beklagte über Tatsachen zu täuschen versucht hat, die für die Beurteilung des Versicherungsfalles relevant waren.
Das Landgericht Saarbrücken hatte Anhaltspunkte für eine bewusste Simulation durch den Kläger gesehen. Das OLG teilte die Entscheidung des LG.
Es bestand der Anschein, dass sich der Kläger aufgrund seiner persönlichen Schwierigkeiten nach familiärem und beruflichem Scheitern auf die Erlangung einer Erwerbsunfähigkeitsrente und einer Berufsunfähigkeitsrente konzentriert hatte, statt sich nach dem Verlust seines Arbeitsplatzes den Herausforderungen des freien Arbeitsmarktes zu stellen. Einer Beschwerdeschilderung des Klägers kann deshalb insgesamt nicht gefolgt werden, denn alle den Kläger begutachtenden Ärzte haben Anhaltspunkte für eine Simulation gesehen. Beispielsweise sei dazu angeführt:
„In diesem Zusammenhang ist der Kläger von dem Sachverständigen außerdem bei einer bewussten Lüge überführt worden. Die Angabe des Klägers, jeden Morgen eine Tablette Fluctin einzunehmen, hat der Kläger erst revidiert, nachdem der Sachverständige ihm mitgeteilt hat, dass durch eine spätere Blutentnahme der Medikamentenspiegel festgestellt werde. Dieses Verhalten des Klägers ist nur dadurch zu erklären, dass er durch eine bewusst falsche Angabe ein für ihn vorteilhafteres Begutachtungsergebnis erzielen wollte.“
Neben den Feststellungen der Sachverständigen ist es als besonders gravierendes Indiz dafür anzusehen, dass der Kläger Beschwerden vortäuscht, dass er in allen Gutachten angegeben hatte, seit 2007 nicht mehr Autofahren zu können. Nach der Observation des Versicherers steht fest, dass diese Behauptungen nicht zutreffen.
Im Übrigen bestehen gegen die Verwertung der Observationsergebnisse keine Bedenken, denn es war vorliegend notwendig, eine Detektei zu beauftragen. Dieses stellt auch keine unverhältnismäßige Methode dar. Dadurch wird der verfassungsrechtlich garantierte Anspruch der Prozesspartei auf Durchsetzung ihrer subjektiven Rechte im Prozess verwirklicht, der verlangt, einer Prozesspartei auch die Beweisführung zugunsten ihrer Tatsachenbehauptungen zu ermöglichen.
Im Ergebnis bestehen keine weiteren Ansprüche aus der Versicherung. Die außerordentliche Kündigung erfolgte ordnungsgemäß.
Dieses Urteil ist mit Sicherheit ein Einzelfall. Dennoch überzeugt es. Der Versicherer hat mit der Observation keine unverhältnismäßige Methode angewandt, die zur Unverwertbarkeit führt. Jedenfalls nicht in diesem Fall, denn zusammen mit den Vorteilen für den Kläger aus dem gesetzlichen Rentenbezug und gleichzeitigen Bezug einer privaten Berufsunfähigkeitsrente lassen diese Umstände „nur den Schluss zu, dass der Kläger eine umfassende Rente anstrebt, anstatt sich den Mühen des Arbeitsmarktes zu stellen.“
Die vorliegenden Umstände waren nämlich klar und deutlich: alle Sachverständigen hatten Zweifel an den Beschwerden des Klägers. Auch machte der Kläger bewusst Falschangaben, die offenbart wurden. Dass ein Versicherer so dann „hellhörig“ wird, liegt – nachvollziehbar – auf der Hand. Von daher sollte man sich seiner Angaben genauestens bewusst sein und wissen, dass der Versicherer diese auch überprüft. Auch hier gilt: „Ehrlich währt am längsten“.
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Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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